English editon (html) - Esperanta eldono (html) - po-russki (html) - français (html) - português (pdf)

Ulrich Matthias

Esperanto
Das neue Latein der Kirche

Die internationale Sprache im Dienst der Verständigung
unter evangelischen und katholischen Christen

(C) Armin Gmeiner Verlag, Meßkirch 1999
122 Seiten - ISBN 3-926633-39-5 - EUR 9,90


Zum Inhaltsverzeichnis

  Erhältlich im Buchhandel oder (für EUR 9,90 einschl. Versandkosten, ab 3 Exemplaren je EUR 6,60) beim Autor Ulrich.Matthias@t-online.de.

Dieses Buch ist auch in einer aktualisierten und erweiterten Esperanto-Version erschienen: Esperanto - la nova latino de la Eklezio, Flandra Esperanto-Ligo, Antwerpen 2001. Die Esperanto-Version wurde in fünf weitere Sprachen übersetzt, z.B. ins Englische - 
Esperanto - The New Latin for the Church and for Ecumenism - und Französische:
L'Espéranto. Un nouveau latin pour l'Église et pour l'humanté. Weitere Links siehe oben.

Die Ausgaben in den anderen Sprachen enthalten jeweils etwa 10 Illustrationen und etwa 200 Fußnoten. Die französische Ausgabe vom September 2005 wurde wesentlich erweitert (282 Seiten) und vollständig aktualisiert. Eventuell wird das Buch noch in weiteren Sprachen erscheinen: http://www.u-matthias.de/latino/latin_tr.htm

Entwurf des neuen deutschsprachigen Buches "Esperanto - eine Chance für Europa":
http://www.u-matthias.de/chance/chance.htm


Inhalt

Vorwort

 1. Einleitung

 2. Die Idee einer Universalsprache

 3. Ludwig Zamenhof

 4. Die Kirche und Esperanto

 5. Die Anwendung des Esperanto unter Gläubigen

 6. Argumente

 7. Perspektiven

 Anhang



Nachfolgend finden Sie den kompletten Text des Buches - allerdings noch ohne eine Reihe kleinerer Korrekturen und Änderungen, die noch in die gedruckte Version des Buches eingearbeitet wurden. Gern können Sie Ihre Kommentare (sowie evtl. auch Bestellungen der gedruckten Ausgabe) an den Autor richten: Ulrich.Matthias@t-online.de


Vorwort

Von Dr. György Jakubiny
Erzbischof von Alba Iulia (Karlsburg), Rumänien

Dieses Vorwort zur Esperanto-Ausgabe ist auch in der englischen und französischen, nicht jedoch in der gedruckten deutschen Ausgabe enthalten.

Wenn es um das Latein geht, habe ich immer Nostalgie. In meiner Kindheit, in einem kommunistischen Staat unter Schwierigkeiten, bin ich doch zehn Jahre lang Ministrant gewesen. Wir haben die schönen lateinischen Gebete - die Antworten der Ministranten - auswendig gelernt, rezitiert, ohne die Sprache zu kennen, doch haben die tüchtigen Seelsorger im Ministrantenunterricht dafür gesorgt, dass wir wenigsten erahnen, worum es in diesen lateinischen Gebeten geht. Die Einführung der Volkssprachen in die Liturgie im lateinischen Ritus hat diese Schwierigkeit gründlich gelöst.

Es bleibt aber die internationale Verständigung. Früher - vor dem II. Vatikanum - hat man uns immer gesagt, dass der Katholik sich überall in der Welt zu Hause fühlt, denn die Liturgie ist in derselben Sprache zelebriert, also allgemein verständlich. Geh nach China, sagte man uns, dort wirst du auch die Liturgie verstehen, denn sie ist lateinisch. Daher die ehemalige Anekdote der Szecklerungarn von Siebenbürgen: Zwei Landleute befinden sich im Ausland und gehen am Sonntag in die katholische Kirche. Als sie die Heilige Messe auf Lateinisch hören, flüstert der eine zum anderen: Siehst du, auch hier spricht man Ungarisch! Natürlich kann man mit Anekdoten das Schwierige der Frage nicht abtun. Um die Uniformität oder Einheit der Liturgie zu wahren, mit der allgemeinen lateinischen liturgischen Sprache, wie viele Katholiken konnten das genießen, wie viele Katholiken durften oder konnten als Touristen oder Gastarbeiter ins Ausland gehen? Daher hat das II. Vatikanum entschieden, für die zu Hause bleibenden - und sie sind die überwältigende Mehrheit - die Muttersprache einzuführen.

Das Konzil hat eigentlich die Muttersprache nur als eine Zulassung in der Liturgie zu Gunsten der allgemeinen Verständigung eingeführt. "Der Gebrauch der lateinischen Sprache soll in den lateinischen Riten erhalten bleiben, soweit Sonderrecht nicht entgegen steht. Da bei der Messe, bei der Sakramentenspendung und in den anderen Bereichen der Liturgie nicht selten der Gebrauch der Muttersprache für das Volk sehr nützlich sein kann, soll es gestattet sein, ihr einen weiteren Raum zuzubilligen, vor allem in den Lesungen und Hinweisen und in einigen Orationen und Gesängen gemäß den Regeln, die hierüber in den folgenden Kapiteln im Einzelnen aufgestellt werden." (Konstitution über die Heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium 36, 1-3, Kleines Konzilskompendium 64). In der Praxis sieht es aber ganz anders aus: Die Muttersprache hat das Latein ganz verdrängt.

Ich selber bin ein begeisterter Latinist. Nicht nur wegen meiner Erziehung als römisch-katholischer Priester, d.h. lateinischen Ritus, sondern auch als ein humanistisch gebildeter Mann, der auch mal Latein im kleinen Seminar unterrichtet hat. Es wäre schön, wenn die ganze Welt lateinisch verstehen würde! Manchmal erscheint ein Reiseführer oder Konversationsbuch in lateinischer Sprache, mit so schönen Redewendungen: Apud tonsorem, beim Friseur usw. (z.B. Angela Wilkes, Latin for beginners, London 1999). Wo, in welchem Lande, würde ein Friseur lateinisch verstehen? Wenn man den Fischer Weltalmanach 2000 zur Hand nimmt, stellt sich heraus, dass es in der Welt nur einen Staat gibt, wo Latein offizielle Sprache ist: Status Civitatis Vaticanae (Stato della Cittá del Vaticano, also Staat Vatikanstadt). Nach anderen Angaben hätte auch die Repubblica di Sancti Marino (Res Publica Sancti Marini, also Republik San Marino) Latein als zweite offizielle Sprache. Der Unterschied unter beiden ist, dass Latein im Vatikan erste offizielle Sprache ist und Italienisch die zweite; in der Republik des Hl. Marinus ist es umgekehrt. In der Praxis aber ist es nicht so, denn man versucht vergebens beim Fleischer des Vatikans Lateinisch zu sprechen. Gang und gäbe wird Italienisch gesprochen. Latein hat eine ehrwürdige Stellung, nicht aber im praktischen Leben.

Dasselbe muss man von der Kirche sagen. Bis zum II. Vatikanum war es offizielle Sprache und ist es. Durch die Einführung der Muttersprache in die Liturgie ist das Latein zurückgedrängt worden. Wozu noch Lateinisch lernen, wenn es in der Praxis der Kirche zurückgegangen ist? Die Liturgie war nämlich hauptsächlich das Übungsfeld für das Latein. Die päpstlichen römischen Universitäten haben im Jahre 1970n allgemein Italienisch eingeführt. Natürlich haben sie dabei einen Ehrenplatz für Latein beibehalten, aber die Studenten haben meistens für Italienisch votiert. Ich selber bin 1970 nach Rom gelangt, für höhere biblische Studien,. Die Professoren haben in eben diesem Jahr die Studenten befragt, ob sie Latein behalten möchten. Es war eine allgemeine Ablehnung. Trotzdem haben einige Professoren - vor allem nicht-italienische - Latein als Unterrichtssprache behalten, weil es möglich war. Sie haben an Zahl der Zuhörer nichts verloren, denn sie waren Professoren von hohem Ansehen. Die päpstlichen Universitäten müssen die Arbeiten der Studenten in sechs Sprachen annehmen: Lateinisch, Italienisch, Englisch, Französisch, Spanisch, Deutsch. Beim mündlichen Examen ist der Professor verpflichtet, Latein und Italienisch anzunehmen, dazu die Sprachen, die er selber angibt. So konnte ich einmal auch in meiner Muttersprache, Ungarisch, ein mündliches Examen ablegen.

Die katholische Kirche hat die lateinische Epoche mit der Einführung der Muttersprache in die Liturgie abgeschlossen. Der gute Papst Johannes XXIII hat einerseits die Muttersprache gefördert, andererseits wollte er auch das Latein behalten. Natürlich ging es nicht. Selbst im Vatikan spricht man durchgehend Italienisch. Die 21 Dikasterien (d.h. "Ministerien") des Heiligen Stuhls nehmen in den oben erwähnten sechs Sprachen alle Dokumente an. Wenn man aber will, dass sie schneller bearbeitet werden, soll man es in Italienisch vorlegen, denn alle Beamten des Vatikans sprechen Italienisch, die anderen Sprachen weniger.

So ist es dazu gekommen, dass ich als Bischof schon an zwei Bischofssynoden für Esperanto statt Latein plädiert habe. Es war bei den beiden außerordentlichen Bischofssynoden für Europa in Rom, am 29. November 1991 und am 4. Oktober 1999, in der Anwesenheit des Heiligen Vaters. Ich habe gesehen, dass die Synodalväter nicht mehr lateinisch sprechen, obwohl bei der ersten Synode in 1967 das Latein noch allgemeines Verständigungsmittel war. Als ich zum ersten Male über Esperanto als neues Latein der Kirche gesprochen habe, bin ich Lächeln und Widerstand begegnet. Und dasselbe habe ich auch acht Jahre später wieder erlebt. Man kennt Esperanto überhaupt nicht. Vergebens habe ich erwähnt, dabei dahinter vielleicht auch ein bißchen Antisemitismus steckt, denn der Schöpfer des Esperanto war ein polnischer Jude; doch dieser Satz ist meistens beim Abdruck meiner Wortmeldung vergessen worden. In der Pause haben mich einige Mitbrüder gefragt, ob es nicht einfach ein Scherz war. Da ich sah, dass ihre Absicht nicht aufrichtig war, habe ich geantwortet: Es ist mir aufgefallen, dass man bei der Synode nur Aufsehen erregen kann, indem man etwas Sensationelles sagt. Darum habe ich Esperanto erwähnt.

Bei dieser zweifachen Wortmeldung für Esperanto an einer Bischofssynode ging es mir eigentlich um die Bekämpfung des sprachlichen Imperailsimus. Ein indischer Theologe schreibt: Wenn er in der Muttersprache schreibt, lesen das einige Fachleute. Er wird nie im Ausland zur Kenntnis genommen. Wenn aber ein nicht so bedeutender Theologe auf Englisch schreibt, lesen ihn alle, er wird zitiert und in die wissenschaftliche Fachliteratur aufgenommen. Die großen Weltsprachen kämpfen um Hegemonie oder wenigstens um Mitherrschaft in der Welt auf sprachlicher Ebene. Das ist auch die Sprachtragödie der Vereinten Nationen, mit den vielen offiziellen Sprachen. Wenn aber eine nationale Sprache Weltsprache wird, wird gleichzeitig wohl oder übel auch die Denkweise des Volkes mitgegeben. Wenn Englisch heute die weltweite Umgangssprache ist, hat dies nicht die englische Kultur entschieden, sondern der amerikanische Dollar.

Darum habe ich gedacht, wenn Latein inder Kirche nicht mehr praktiziert wird, warum könnte man dann nicht die internationale Sprache Esperanto einführen? Es wäre alles plötzlich einfacher, billiger usw. in der internationalen Verständigung in der Kirche. Natürlich bin ich der Meinung, dass Esperanto als Hilfssprache zu benutzen ist, also zu Hause die Muttersprache und in der internationalen Verständigung Esperanto. Wenn die Kirche diese seit langem vorgeschlagene Lösung für die internationale Verständigung annehmen würde, würde man auf einmal das Sprachenproblem im Alltagsleben der kathoischen Kirche auf internationaler Ebene lösen.

Die Zeichen dafür, dass die Kirche Esperanto als neues "Kirchenlatein" anzunehmen bereit ist, sind schon da. Ich möchte nur einige erwähnen: Esperanto-Sendungen von Radio Vaticana, Approbation der Messtexte, Grüße des Heiligen Vaters in Esperanto zu Ostern und zu Weihnachten, Annerkennung der IKUE durch den Päpstlichen Laienrat usw.



1. Einleitung

Sebranice ist ein kleines Dorf in der Nähe von Litomysl, rund 150 km östlich von Prag. Im Tal unterhalb der Kirche befindet sich ein Zeltplatz. Alljährlich im Sommer treffen sich dort Jugendliche aus fünf bis zehn Ländern. Sie beten gemeinsam, sie diskutieren gemeinsam, sie singen gemeinsam. Kämen Spaziergänger an dem Zeltplatz vorbei, sie glaubten, man spräche dort Spanisch, Italienisch oder Latein. Doch nichts davon trifft zu. Die Jugendlichen sprechen Esperanto.

"Patro nia, kiu estas en la chielo, sanktigata estu via nomo...", so betet man dort das Vaterunser. Es ähnelt dem Lateinischen: "Pater noster, qui es in caelis, sanctificetur nomen tuum." Beide Sprachen sind neutral. Und beide Sprachen haben noch weitere Vorzüge. Latein ist das alte Esperanto der Kirche. Es blickt auf eine über 2000-jährige Geschichte zurück. Es war Sprache der Kirchenlehrer und behielt bis in die frühe Neuzeit seine zentrale Rolle als europäische Gelehrtensprache. Allein schon wegen der Fülle lateinischer Originaltexte wird die lateinische Sprache in der Theologie stets eine bedeutende Rolle spielen. Karl Rahner betonte 1962 in seiner Schrift "Über das Latein als Kirchensprache": "Ohne die Kenntnis des Lateins ist eine theologische Ausbildung, wie sie für den Priester notwendig ist, schlechterdings nicht denkbar."

Es ist nicht Aufgabe dieses Buches, dieser These zu widersprechen. Hier soll vielmehr das Augenmerk auf das Sprachenproblem der Gegenwart gelenkt werden. Und dabei verdienen die Vorzüge des Esperanto Beachtung. Die lateinische Sprache hat ihre einst bedeutende Rolle als grenzüberschreitendes Verständigungsmittel weitgehend eingebüßt. Dies ist vor allem dem großen Lernaufwand zuzuschreiben, den ihre Beherrschung erfordert. Den meisten Schülern fällt es auch nach vier oder fünf Jahren Lateinunterricht noch schwer, Texte von Caesar oder Cicero im Original zu lesen. Das Lernen der zahlreichen Deklinationen und Konjugationen ist mühsam und aus pädagogischer Sicht nicht unbedingt wertvoll; es ist oft schwer, die Funktion eines lateinischen Wortes im Satz zu erkennen, und schließlich ist der Wortschatz dieser Sprache unüberschaubar umfangreich.

In all diesen Punkten ist Esperanto dem Latein entscheidend überlegen. Es gibt im Esperanto keine unregelmäßigen Verben; man erkennt Hauptwörter und Eigenschaftswörter sofort an der Endung -o bzw. -a; Mehrzahl und Akkusativ werden stets durch Anfügen von -j bzw. -n gebildet. Ein System von Vor- und Nachsilben macht es möglich, verwandte Wörter ganz regelmäßig voneinander abzuleiten, so daß man im Esperanto schon mit etwa 1000 Wortstämmen eine beachtliche Ausdrucksfähigkeit erreichen kann.

Kehren wir nun zurück zu dem Zeltlager in Sebranice. Wenn 80 junge Christen aus Tschechien, der Slowakei, Polen, Ungarn, Deutschland und Rumänien zwei Wochen lang zusammenleben, so haben sie sich viel zu sagen - vorausgesetzt, sie können sich verständigen. Sie bringen unterschiedliche Erfahrungen aus der Vergangenheit mit und können darüber diskutieren, wie sie gemeinsam ihre Zukunft gestalten.

Einige Teilnehmer stammen aus tiefgläubigen Familien und mußten daher zur Zeit des Sozialismus einiges an Benachteiligungen und Entbehrungen erleiden. Andere stammen aus atheistischen Verhältnissen. Doch irgendwann im Laufe ihres Lebens spürten sie ein Interesse an religiösen Fragen, an der Person Jesu, an der christlichen Lebensweise. Das Zeltlager bereichert sie mit Erfahrungen in der für sie noch recht neuen Welt des Glaubens.

Die meisten Jugendlichen aus Osteuropa haben in der Schule etwa fünf Jahre lang Deutsch oder Englisch gelernt, mit teilweise zufriedenstellendem, oft aber nur sehr bescheidenem Erfolg. Auf Esperanto sind sie durch Freunde, Verwandte oder ihren Pfarrer aufmerksam geworden; andere haben in christlichen Zeitschriften einen Artikel über die Sprache gelesen und dann einen Fernkurs bestellt. Bei einigen genügte ein halbes Jahr, bis Esperanto zu ihrer stärksten Fremdsprache wurde. Es drängt sich die Frage auf, ob es wünschenswert wäre, Esperanto in den Schulen zu unterrichten.

Miloslav Svacek, der langjährige Vorsitzende der tschechischen Sektion der Internationalen Katholischen Esperanto-Vereinigung, betont, daß die Organisation des Zeltlagers in jedem Fall die Mühe lohnt: "Jugendliche aus verschiedenen Ländern verbringen dort zwei Wochen in einer christlichen Atmosphäre, sie praktizieren gemeinsam den Glauben. Bereits das ist ein Grund zur Freude."

Doch eine faszinierende Vision bleibt bestehen: Daß sich einmal die Gläubigen in aller Welt problemlos verständigen können und sich dann wirklich als eine Gemeinschaft in Jesus Christus fühlen. Ein entschiedenes Eintreten der Kirche für Esperanto würde dieser Sprache einen Gewinn an Popularität einbringen, der vielleicht eine weltweite Einführung des Esperanto in die Schulen nach sich zöge.

Dieses Buch soll Geistlichen und Laien ein Urteil darüber ermöglichen, ob dieser Schritt wünschenswert ist.


2. Die Idee einer Universalsprache

Es gibt seit dem Mittelalter mehr als 1000 Versuche, eine Sprache bewußt zu konstruieren. Die Motive und Methoden waren dabei höchst unterschiedlich. Das Spektrum reicht von der Lingua Ignota, einer Geheimsprache der heiligen Hildegard von Bingen (1098-1179) bis hin zum Klingonischen, das der amerikanische Linguist Marc Okrand für die Fernsehserie 'Star Trek' ('Raumschiff Enterprise') entwickelte. Wir interessieren uns hier in erster Linie für diejenigen Sprachprojekte, die die internationale Verständigung erleichtern sollen.

Die Anfänge

Als im 17. Jahrhundert die Nationalsprachen zunehmend das Latein als europäische Gelehrtensprache verdrängten, erlebte die Theorie der Universalsprachen ihre erste Blütezeit. Zahlreiche bedeutende Philosophen, Mathematiker und Pädagogen beschäftigten sich mit der Konstruktion einer Lingua universalis. Sie versprachen sich von ihr zweierlei: Zum einen sollte die neue Sprache, wie Leibniz (1646-1716) es formulierte, 'leicht zu lernen sein' und 'in bewundernswerter Weise der Verständigung zwischen den Völkern dienen', zum anderen sollte sie der menschlichen Vernunft das Denken erleichtern. Comenius, Descartes, Newton und Leibniz bemühten sich, eine solche Sprache zu konstruieren.

Den Wortschatz ihrer Projekte entnahmen sie nicht etwa den ethnischen Sprachen, er basierte vielmehr auf einer Klassifikation der Ideen. So neigte Newton dazu, jede Kategorie mit einem festen Buchstaben zu benennen, z.B. Werkzeuge mit s, Tiere mit t und Geisteszustände mit b, und Leibniz stellte z.B. den Begriff 'Mensch' als Produkt a*r dar, wobei a für 'animal' und r für 'rationalis' steht. Doch die Ausarbeitung eines solchen apriorischen, philosophischen Projektes zu einer funktionsfähigen Sprache wäre, wie ihre Autoren bereits erkannten, mit vielfältigen Schwierigkeiten verbunden. So wundert es nicht, daß der Traum von einer neuen Sprache zur Erleichterung der menschlichen Erkenntnis eine Utopie bleiben mußte.

Als vielversprechender erwies sich die Idee, eine aposteriorische Plansprache zu entwickeln, d.h. eine Plansprache, die sich in Wortschatz und Grammatik an einer oder mehreren Ethnosprachen orientiert. Das erste Projekt dieser Art dürfte das vereinfachte Latein sein, das Phillippe Labbé (1607-1667) unter dem Titel 'Grammatica linguae universalis missionum et commerciorum' veröffentlichte. In den folgenden Jahrhunderten erschienen noch mehr als 30 weitere Entwürfe eines modifizierten Lateins, unter denen das 'Latino sine flexione' (1903) des Mathematikers Giuseppe Peano (1858-1932) am bekanntesten wurde, und dazu noch etwa ebenso viele Versuche, das Englische, Französische oder eine slawische Sprache zu vereinfachen. Als erstes internationales aposteriorisches Projekt gilt ein Entwurf von A. Gerber aus dem Jahre 1832.

Bereits sehr angenehm und natürlich sieht das 1868 von dem lothringischen Lehrer Jean Pirro (1831-1886) veröffentlichte 'Universalglot' aus: Ma senior! I sende evos un gramatik e un verb-bibel de un nuov glot nomed universal glot. In futur I scripterai evos semper in dit glot. Doch auch dieses bereits recht gut konstruierte Projekt erlangte keinerlei praktische Bedeutung. Dies gelang erst dem 'Volapük' des badischen Pfarrers Johann Martin Schleyer (1831-1912).

Dank des eifrigen Propagierens durch ihren Autor fand das Volapük bereits wenige Jahre nach der Veröffentlichung im Mai 1879 über hunderttausend Anhänger in aller Welt. Es erschienen einige Dutzend Zeitschriften in der Sprache, und 1889 wurden bereits 283 Volapük-Vereinigungen registriert. Doch trotz seiner Regelmäßigkeit war das Volapük schwer zu lernen; die Wörter wirkten fremdartig, und um die Jahrhundertwende verschwand die Volapük-Bewegung fast ebenso schnell, wie sie entstanden war.

Esperanto

Im Jahre 1887 veröffentlichte der Augenarzt Dr. Ludwig Zamenhof (1859-1917) in Warschau unter dem Pseudonym "Doktoro Esperanto" das erste Lehrbuch seiner internationalen Sprache. Er wollte damit einen Beitrag zu Frieden und Völkerverständigung leisten. Das Pseudonym 'Esperanto' (= 'Hoffender') wurde bald zum Namen der Sprache selbst.

Esperanto wurde zur erfolgreichsten Plansprache. Wir werden uns in den folgenden Kapiteln näher mit ihr befassen.

Neuere Projekte

Zu Beginn dieses Jahrhunderts führten insbesondere zahlreiche Versuche, das Volapük oder Esperanto zu reformieren, zu neuen Sprachprojekten. 1905 veröffentlichten die Franzosen Louis de Beaufront (1855-1935) und Louis Couturat (1868-1914) das Projekt Ido, ein reformiertes Esperanto, zu dem vor dem ersten Weltkrieg rund 5% der Esperanto-Sprecher überliefen. 1951 veröffentlichte die 'International Language Association' in New York das von Alexander Gode ausgearbeitete Interlingua, ein extrem naturalistisches Projekt, das zugunsten der Natürlichkeit der Wörter auf eine stärkere Regelmäßigkeit der Grammatik verzichtet.

Noch heute werden alljährlich ein bis drei neue Plansprachenprojekte veröffentlicht. Eine gewisse Beachtung in den deutschen Medien fanden Glosa (1981) von Ron Clark und Wendy Ashby, Uropi (1986) des französischen Lehrers Joël Landais (1946-) und Unitario (1989) des hessischen Maschinenbauingenieurs Rolf Riehm (1944-). Doch scheinen die Autoren dieser Projekte Schwierigkeiten zu haben, auch nur einen einzigen weiteren Sprecher zu werben.

Überhaupt haben nur sehr wenige Plansprachenprojekte den Tod ihres Erfinders überlebt. Esperanto wird heute von einer bis drei Millionen Menschen in 120 Ländern gesprochen, Interlingua von etwa 1000 in 25 Ländern und Ido von etwa 200 in zehn Ländern.

Ein Vergleich

Zum Vergleich sei nachfolgend der Beginn des Vaterunser in mehreren Plansprachen aufgelistet.


3. Ludwig Zamenhof

Die Entstehung des Esperanto

 "Die Idee, deren Verwirklichung ich mein ganzes Leben gewidmet habe, erschien mir in frühester Kindheit und hat mich seitdem niemals verlassen", schrieb Ludwig Zamenhof 1895 an den Russen Nikolaj Borovko. Zamenhof wurde 1859 im polnischen Teil des russischen Zarenreichs geboren, in der Stadt Bialystok, die heute unweit der weißrussischen und litauischen Grenze im Nordosten Polens liegt. Über die Bedeutung dieser Stadt für die Entstehung des Esperanto schrieb Zamenhof weiter:

Dieser Ort meiner Geburt und meiner Kinderjahre hat all meinen künftigen Bestrebungen die Richtung gewiesen. In Bialystok bestand die Bevölkerung aus vier verschiedenen Elementen: aus Russen, Polen, Deutschen und Juden; jedes dieser vier Elemente spricht eine eigene Sprache und steht den anderen feindlich gegenüber. In einer solchen Stadt fühlt eine empfindsame Natur mehr als anderswo das schwere Unglück der Verschiedenheit der Sprachen und überzeugt sich bei jedem Schritt, daß die Verschiedenheit der Sprachen der einzige oder zumindest der wichtigste Grund ist, der die menschliche Familie trennt und in feindliche Gruppen teilt. Man hat mich zum Idealisten erzogen; man hat mich gelehrt, daß alle Menschen Brüder seien, und unterdessen auf der Straße und auf dem Hof ließ mich alles bei jedem Schritt fühlen, daß es Menschen nicht gibt: Es gibt nur Russen, Polen, Deutsche, Juden usw. Weil es mir damals schien, daß die 'Erwachsenen' eine allmächtige Kraft hätten, sagte ich mir immer wieder, daß ich, wenn ich erwachsen bin, dieses Übel unbedingt beseitigen werde. Der Schüler Ludwig Zamenhof begann, sich konkrete Gedanken über eine Sprache zu machen, die die Völker verbinden sollte. Er war Sohn eines Sprachlehrers. Russisch bezeichnete er als seine Muttersprache, doch auch Polnisch und Deutsch sprach er bereits als Kind fließend. Bald lernte er Französisch, Latein, Griechisch, Hebräisch und Englisch, doch auch mit Jiddisch, Italienisch, Spanisch und Litauisch befaßte er sich näher.

Seine neue Sprache sollte möglichst leicht erlernbar sein und niemanden bevorzugen oder benachteiligen. Schon mit 18 Jahren hatte Zamenhof einen ersten Entwurf einer internationalen Sprache fertiggestellt: Im Dezember 1878 feierte er mit einigen Klassenkameraden die Geburt seiner neuen Sprache. Sie sangen die Hymne der 'Lingwe Uniwersala', die mit den folgenden Worten begann:

    Malamikece de las nacjes Feindschaft zwischen Völkern
    Kadó, kadó, jam temp' está! Falle, falle, es ist schon Zeit
    La tot' homoze in familje Die ganze Menschheit muß sich
    Konunigare so debá. Zu einer Familie zusammenschließen.

Doch Zamenhof hörte nicht auf, seine Sprache zu bearbeiten. Aus dem Jahre 1881 sind drei verschiedene Entwürfe seiner Sprache bekannt. Zamenhof bemühte sich, unmittelbar in der neuen Sprache zu denken und bemerkte dabei schließlich, daß - wie er selbst notierte - 'diese bereits aufhört, ein bloßer Schatten dieser oder jener Sprache zu sein, mit der ich mich in dieser oder jener Minute beschäftigte, und ihre eigene Seele erhält, ihr eigenes Leben, die eigene bestimmte und klar ausgedrückte Physionomie, die bereits nicht mehr von irgendwelchen Einflüssen abhängt. Die Sprache floß bereits von selbst, flexibel, elegant und völlig frei, wie die lebendige Muttersprache.'

So erhielt im Jahre 1885 die 'Lingvo Internacia' ihre endgültige Form. Zamenhof verfaßte ein kleines Lehrbuch seiner Sprache. Doch kein Verleger war bereit, es herauszugeben. Lassen wir Zamenhof selbst erzählen, wie er dieses Problem löste:

Ende 1886 begann ich meine Tätigkeit als Augenarzt in Warschau. Da lernte ich meine Frau kennen, Klara Zilbernik aus Kaunas (...). Am 9. August 1887 heirateten wir. Meiner Braut erklärte ich das gesamte Wesen meiner Idee und den Plan meiner zukünftigen Aktivität. Und ich fragte sie, ob sie ihr Schicksal mit mir teilen will. Sie hat nicht nur zugestimmt, sondern sie stellte mir auch das Geld, das sie besaß, voll zur Verfügung, und das ermöglichte mir, nach langem vergeblichen Suchen eines Verlegers, schließlich selbst (nebenbei bemerkt: im Juli 1887) meine ersten vier Broschüren (Lehrbuch des Esperanto in den Sprachen Russisch, Polnisch, Deutsch und Französisch) herauszugeben. Die Deutsche Version trug den Titel 'Internationale Sprache. Vorrede und vollständiges Lehrbuch'. Die Broschüre enthält ein ausführliches Vorwort, in dem Zamenhof erläutert, welchen großen Vorteil eine internationale Sprache für die Wissenschaft, den Handel und die Völkerverständigung hat. Bemerkenswert ist, daß Zamenhof bereits hier betonte, daß seine Sprache 'nicht in das innere Leben der Völker eindringen will'. Es liegt also nicht an ihm, wenn Esperanto auch heute noch gegen das Vorurteil ankämpfen muß, es wolle die nationalen Sprachen verdrängen. Zudem finden sich in dem ersten Lehrbuch die 16 grammatikalischen Grundregeln der 'Internacia Lingvo' und einige Beispieltexte: das Vaterunser, die ersten Verse des Buches Genesis, die Übersetzung eines Gedichts von Heinrich Heine und zwei original in der neuen Sprache geschriebene Gedichte. Ein zusätzliches Faltblatt enthält eine Liste von 917 Wortstämmen mit einer Erläuterung zu deren Anwendung. Auf der zweiten Seite der Broschüre finden wir eine bemerkenswerte Eintragung: 'Eine internationale Sprache ist wie jede nationale ein Allgemeingut; der Autor verzichtet für immer auf alle persönlichen Rechte an ihr.' Im Gegensatz zum Erfinder des Volapük, Johann Martin Schleyer, überließ Zamenhof es der Allgemeinheit, seine Sprache weiterzuentwickeln. Er bat sogar darum, ihn nicht 'Autor', sondern nur 'Initiator' der Sprache zu nennen.

Die ersten Jahre der neuen Sprache

Zamenhof verschickte sein erstes Lehrbuch an zahlreiche Persönlichkeiten, Zeitungsredaktionen und Institutionen in aller Welt. Bald darauf trafen die ersten Antworten ein - mit Fragen, Kritik und Ratschlägen, nicht wenige aber auch mit Lob und Zustimmung. Einige waren bereits in der neuen Sprache selbst geschrieben. Zamenhof entschloß sich, die vielen Fragen und Anregungen an ihn in einem zweiten Buch zu beantworten, dem 'Dua libro de l'Lingvo Internacia', das er Anfang 1888 herausgab. Es war ganz in Esperanto geschrieben, und er erklärte dort, daß ihn sein 'tiefer Glaube an die Menschheit' nicht enttäuscht habe, denn "von allen Seiten kommen (...) junge und alte Menschen, Männer und Frauen, um ihre Bausteine für ein großes, wichtiges und sehr nützliches Gebäude herbeizutragen". Wenige Monate nach Erscheinen des 'Dua libro' konnte Zamenhof ein erstes literarisches Werk in Esperanto herausgeben - die Erzählung 'Der Schneesturm' von Puschkin, die nicht etwa Zamenhof selbst, sondern der polnische Chemiker Antoni Grabowski übersetzt hatte.

Im Dezember 1888 trat der Nürnberger Volapük-Verein zum Esperanto über. Damit war die erste Esperanto-Gruppe entstanden. Sie gab ab September 1889 die monatliche Zeitschrift 'La esperantisto' heraus. Etwa gleichzeitig erschien ein Adressenverzeichnis mit den Anschriften von 1000 Personen, die bis dahin Esperanto gelernt hatten. "Nach vier Jahren zählt unsere Literatur bereits über 50 verschiedene Werke. Es gibt nun 33 Lehr- und Wörterbücher unserer Sprache", stellte Zamenhof im Januar 1891 fest.

Doch in den kommenden Jahren hatte Esperanto noch mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Zamenhof geriet in bittere Armut. In dieser Situation stand selbst seine Frau der Leidenschaft ihres Mannes eher abgeneigt gegenüber. Vasilij Nikolaevic Devjatnin, einer der ersten russischen Esperantisten, erzählt von einem Besuch bei Zamenhof im Jahre 1893:

Er machte mich mit seiner Frau bekannt, von der er mir nachher heimlich sagte, daß sie dem Esperanto nicht günstig eingestellt sei, da er deswegen einen großen Teil seiner Kunden verloren hat. "Sie fürchten wahrscheinlich", erklärte Zamenhof mit einem Lächeln, "sich an mich zu wenden, da sie mich für ein wenig verrückt halten, da ich mich mit einem solchen 'Unsinn' beschäftige." Einige Esperanto-Sprecher drängten Zamenhof sehr, seine Sprache zu reformieren; die Diskussionen hierüber nahmen viel Energie in Anspruch, blieben aber letztlich wirkungslos: "Wegen des Geredes über Reformen ist das jetzige Jahr für unsere Sache vollkommen verloren", schrieb Zamenhof 1894. Er äußerte sich zugleich zuversichtlich, daß all dies bald überwunden sein werde, und sollte damit recht behalten. Bei Abstimmungen vom Sommer und Herbst 1894 votierte jeweils eine klare Mehrheit der Leser der Zeitschrift "La esperantisto" gegen jegliche Reformen.

Kaum war dieses Problem überwunden, traf ein neuer schwerer Schlag die junge Sprache: Im Februar 1895 druckte die Zeitschrift "La esperantisto" einen Artikel von Leo Tolstoj in Esperanto-Übersetzung ab. Er trug den Titel "Vernunft und Glaube" und veranlaßte die Zensur des zaristischen Rußlands, ein Einfuhrverbot für die Zeitschrift zu verhängen. "La esperantisto" verlor damit fast drei Viertel der Abonnenten und mußte kurz darauf aus finanziellen Gründen sein Erscheinen einstellen.

Doch Esperanto überlebte auch diesen Rückschlag: Ab Dezember 1895 gab die Esperanto-Gruppe Uppsala in Schweden die Zeitschrift "Lingvo Internacia" heraus, die zum Nachfolger von "La esperantisto" avancierte.

Um das Jahr 1900 herum erlebte Esperanto einen bedeutenden Auftrieb. Die wirtschaftliche Situation Zamenhofs besserte sich, in Frankreich lernten zahlreiche Intellektuelle Esperanto, und ab 1903 gab der Verleger Jean Borel in Berlin Esperanto-Werbeschriften in Auflagen von einigen zehntausend Exemplaren heraus.

Im August 1905 fand schließlich in Boulogne-sur-Mer an der französischen Ärmelkanalküste der erste Esperanto-Weltkongreß statt. 688 Esperanto-Sprecher aus 20 Ländern trafen sich dort und waren begeistert, wie gut die Verständigung in der neuen Sprache funktionierte. "Heute sind nicht Franzosen mit Engländern zusammengekommen, nicht Russen mit Polen, sondern Menschen mit Menschen", erklärte Zamenhof in seiner Eröffnungsrede. Und der Wiener Universitätsprofessor Theodor Fuchs beschrieb den Kongreß noch euphorischer mit folgenden Worten: "Eine Gnade widerfuhr der Menschheit, das Pfingstwunder hat sich erneuert. Alle fühlten sich als Brüder, vereint unter dem grünen Hoffnungsbanner des Esperanto... Tränen kamen aus den Augen von alten und ernsten Männern, ein katholischer Priester umarmte einen protestantischen, und der Schöpfer der neuen Sprache, Zamenhof, ging wie im Traum herum, zitterte am ganzen Körper und hatte Mühe, seine Ruhe wiederzufinden."

Das Weltbild Zamenhofs

Für Zamenhof war die Idee einer internationalen Sprache Teil eines umfassenderen Ideals. Ihm schwebte eine Welt vor Augen, in der jegliche Barrieren zwischen den Völkern verschwinden werden - egal, ob diese nun sprachlicher, religiöser, ethnischer oder sozialer Natur sind.

Doch nicht allen Esperanto-Sprechern gefiel es, wenn Zamenhof seine Gedanken hierzu darlegte. Ausgerechnet ein Theologe, der Franzose Louis de Beaufront, wandte sich um die Jahrhundertwende entschieden dagegen, Esperanto mit idealistischen Bestrebungen in Verbindung zu bringen. Er hob stattdessen den praktischen Wert dieser Sprache hervor, er sah in ihr in erster Linie ein zweckmäßiges Verständigungsmittel in internationalen Kontakten, er betonte ihren Nutzen in Handel, Wissenschaft und Tourismus. De Beaufront nahm nicht am ersten Esperanto-Weltkongreß teil. Die allzu idealistischen, fast religiösen Züge der frühen Esperanto-Bewegung stießen ihn ab, er betrachtete sie als Gefahr für den Erfolg der Sprache.

Zamenhof war bemüht, einen Kompromiß zu finden zwischen seinen persönlichen, pazifistischen Überzeugungen, die er vor allem mit vielen russischen Esperanto-Pionieren teilte, und der eher sachlichen, realitätsbezogenen Einstellung anderer, vor allem französischer Esperanto-Sprecher. Er entwarf für den ersten Esperanto-Weltkongreß eine Erklärung, die nach geringfügigen Änderungen von den Kongreßteilnehmern einstimmig angenommen wurde. In dieser "Deklaracio de la Bulonja Kongreso" definiert er den 'Esperantismus', d.h. das Wesen oder Ziel der Esperanto-Bewegung, als "Bemühen, in der ganzen Welt die Anwendung einer neutralen menschlichen Sprache zu verbreiten, die, ohne in das innere Leben der Völker einzudringen und ohne die nationalen Sprachen auch nur ein wenig verdrängen zu wollen, den Menschen verschiedener Nationalitäten die Möglichkeit gibt, sich zu verständigen. Sie kann in denjenigen Ländern, wo sich verschiedene Nationalitäten um die Sprache streiten, als friedensstiftende Sprache öffentlicher Einrichtungen dienen; und in ihr können diejenigen Werke veröffentlicht werden, die für alle Völker gleichermaßen interessant sind. Jede andere Idee oder Hoffnung, die dieser oder jener Esperantist mit dem Esperantismus verknüpft, ist seine rein private Angelegenheit, für die der Esperantismus nicht verantwortlich ist".

Wenden wir uns nun der religiösen Weltanschauung Zamenhofs zu. Wie aus dem zuvor gesagten hervorgeht, ist Esperanto eine in religiöser und ideologischer Hinsicht neutrale Sprache; eine Sympathie für Esperanto setzt daher keine Zustimmung zu Zamenhofs Weltanschauung voraus.

Ludwig Zamenhof war kein Christ, doch er stand dem Christentum und allen Religionen, die offen sind für Dialog und Zusammenarbeit, sehr positiv gegenüber. Seine Mutter war eine fromme Jüdin, sein Vater Atheist. Zamenhof selbst erzählt über seinen religiösen Werdegang:

In meiner Kindheit glaubte ich an Gott und an die Unsterblichkeit der Seele in der Form, wie es die Religion meiner Geburt lehrt. Ich weiß nicht ganz genau, in welchem Jahr meines Lebens ich den religiösen Glauben verloren habe; aber ich erinnere mich, daß ich den höchsten Grad meines Unglaubens ungefähr im Alter von 15-16 Jahren erreicht habe. Dies war auch die qualvollste Zeit meines Lebens. Das ganze Leben verlor in meinen Augen jeglichen Sinn und Wert. Mit 17 Jahren kam dann ein neues Gefühl in ihm auf: "Ich begann zu spüren, daß der Tod kein Verschwinden ist", schrieb er, und es formte sich in ihm ein eigener Glaube an eine über allem Irdischen stehende Macht, die zugleich "eine große Quelle der Liebe und Wahrheit" darstellt, wie er in seinem Gedicht "Pregho sub la verda standardo" ("Gebet unter der grünen Flagge") schrieb. Ihm war bewußt, welche positiven Auswirkungen der Glaube auf einen Menschen haben kann: Ein Kind von jemandem, der sich offen als religionslos erklärt, kann niemals im Herzen dieses Glück, diese Wärme haben, die anderen Kindern die Kirche gibt, die traditionellen Sitten, der 'Besitz' Gottes im Herzen. Wie grausam leidet oft ein Kind eines Religionslosen, wenn es ein anderes Kind sieht, vielleicht ein sehr armes, aber mit glücklichem Herzen, das in seine Kirche geht, während es selbst keinerlei Richtlinien hat, keinerlei Feste, keinerlei Sitten! Und gegenüber jungen Christen erklärte er: "Ich bin nur ein jüdischer, freigläubiger Angehöriger der Menschheit ... doch was gibt es in der Welt schöneres, als vollständig der Lehre Jesu zu folgen?"

Religiöse Überzeugungen veranlaßten Zamenhof, sich eine Welt zu wünschen, in der Liebe, Wahrheit und Frieden herrschen. Dies kommt vielleicht am deutlichsten in dem bereits erwähnten "Pregho sub la verda standardo" zum Ausdruck. Erfahrungen aus seiner Kindheit, aber auch die Pogrome russischer Soldaten in seinem Geburtsort Bialystok im Jahre 1905 festigten in Zamenhof den Willen, zum friedlichen Zusammenleben der Völker beizutragen. In seiner Rede auf dem 2. Esperanto-Weltkongreß im Jahre 1906 in Genf berichtet Zamenhof:

Auf den Straßen meines unglückseligen Geburtsorts warfen sich wilde Menschen mit Hacken und Eisenstangen wie grausame Tiere auf ruhige Einwohner, deren einzige Schuld nur darin bestand, daß sie in einer anderen Sprache redeten und eine andere Religion hatten als diese Unmenschen. Darum schlug man Männern und Frauen, gebrechlichen Alten und hilflosen Kindern die Schädel ein und stach ihnen die Augen aus! Ich will Ihnen nicht die schrecklichen Einzelheiten des bestialischen Gemetzels von Bialystok erzählen; Ihnen als Esperantisten möchte ich nur sagen, wie schrecklich hoch und dick noch die Mauern sind, gegen die wir kämpfen. Er betont im Hinblick auf diese Erfahrung, daß er mit einem Esperanto, das nur dem Handel und praktischem Nutzen dienen soll, "nichts gemeinsam haben möchte". Ihm kommt es auf Brüderlichkeit und Gerechtigkeit an, auf den Abbau der Feindschaften zwischen den Völkern.

Ebenso entschieden, aber weniger offen als für den Abbau der Sprachbarrieren, setzte sich Zamenhof für die Überwindung religiöser Gegensätze ein. Die sechste und letzte Strophe seines Gedichts "Pregho sub la verda standardo" enthält die Verse "Kristanoj, hebreoj kaj mahometanoj / ni chiuj de Di' estas filoj" ("Christen, Juden und Mohammedaner / wir sind alle Söhne Gottes"). Doch sowohl auf dem ersten Esperanto-Weltkongreß, wo er das Gedicht zum Abschluß seiner Eröffnungsrede vortrug, als auch in der "Fundamenta Krestomatio", in die er es aufnahm, fehlte diese Strophe. Marjorie Boulton, Autorin einer englischsprachigen Zamenhof-Biographie, schreibt hierzu:

Viele Jahre lang zwangen Freunde Zamenhof, das Gedicht ideologisch abzuschwächen, indem er die sechste Strophe entfernte, nach der Christen, Juden und Mohammedaner alle Söhne Gottes sind. Seine christlichen Freunde in Frankreich fürchteten im Zeitalter der Dreyfuß-Affäre, daß das Gedicht die Sprache Esperanto in den Augen vieler kompromittieren wird. Ähnlich vorsichtig verhielt sich Zamenhof bezüglich seiner Schriften zum Thema "Hillelismus" oder "Homaranismus". Gemeint ist damit eine Art Menschheitsreligion oder Verbrüderungslehre. Der Begriff "Hillelismus" war von Hillel abgeleitet, einem jüdischen Gelehrten, der ungefähr von 30 v. Chr. bis 10 n. Chr. in Jerusalem wirkte. Da sich seine Lehre nicht nur gegen die Diskriminierung der Juden wendet, zog Zamenhof später die Bezeichnung "Homaranismus" vor, die sich etwa mit "Lehre von der Zugehörigkeit zur Menschheit" übersetzen läßt. Bereits im Jahre 1901 hatte Zamenhof eine Schrift mit dem Titel "Hilelismo" fertiggestellt und an einige Freunde verschickt, doch erst 1906 machte er sie in Form einer Broschüre und eines Artikels in der Zeitschrift "Ruslanda esperantisto" der Öffentlichkeit zugänglich. In beiden Fällen tat er dies anonym, und er betonte jeweils in einer Fußnote, daß man durchaus ein sehr guter Esperantist und gleichzeitig Gegner des Hillelismus bzw. Homaranismus sein kann.

Auf dem Esperanto-Weltkongreß 1912 in Krakau bat Zamenhof darum, ihn aus seinen Ämtern in der Esperanto-Bewegung zu entlassen, um von nun an als einfacher Mensch, als einer unter anderen, für seine Sache zu arbeiten. Erst jetzt fühlte er sich frei, eine Broschüre mit dem Titel "Homaranismo", deren Inhalt sich weitgehend mit derjenigen von 1906 deckt, unter seinem eigenen Namen herauszugeben. Sie erschien 1913 in Madrid. Einen Einblick in Zamenhofs Gedankenwelt mögen die folgenden Auszüge geben:

  1. Ich sehe in jedem Menschen nur einen Menschen, und ich beurteile jeden Menschen nur nach seinem persönlichen Wert und seinen Taten. Jegliche Beleidigung oder Benachteiligung eines Menschen aus dem Grunde, daß er einem anderen Volk, einer anderen Sprache, einer anderen Religion oder einer anderen sozialen Schicht angehört als ich, betrachte ich als Barbarei.

  2.  
  3. Ich bin mir bewußt, daß jedes Land nicht diesem oder jenem Volk gehört, sondern vollkommen gleichberechtigt allen seinen Bewohnern, ganz egal welche mögliche Herkunft, Religion oder soziale Position sie haben (...).
Diese Auszüge zeigen, daß Zamenhof seiner Zeit voraus war. Sein Eintreten für gegenseitige Achtung, Verständigung, Gleichberechtigung und friedliche Koexistenz der Religionen und Völker hat bis heute nichts an Aktualität verloren.

4. Die Kirche und Esperanto

Die Anfänge

Die Geschichte der christlichen Esperanto-Bewegung ist fast ebenso alt wie die Sprache selbst. Bereits wenige Monate nach Erscheinen des ersten Lehrbuchs interessierten sich einige Geistliche für die neue Sprache, darunter auch Bischof Zerr aus Saratov.

Die ersten ausgesprochen aktiven katholischen Esperanto-Sprecher waren der Litauer Aleksandras Dambrauskas (1860-1938) und der bereits im vorhergehenden Kapitel erwähnte Franzose Louis de Beaufront (1855-1935). Dambrauskas hörte bereits 1887 als Student am Sankt Petersburger Priesterseminar von der Veröffentlichung der "Internacia Lingvo". Er bestellte bei Zamenhof das erste Lehrbuch der neuen Sprache und begann mit Begeisterung, sie zu lernen. Schon nach einer Woche schrieb er Zamenhof eine Postkarte in fehlerfreiem Esperanto. Dambrauskas verfaßte das erste Esperanto-Lehrbuch für Litauer. Es erschien 1890 im ostpreußischen Tilsit und wurde von dort nach Litauen geschmuggelt, da die zaristische Regierung den Litauern bis 1904 verbot, Druckwerke in ihrer Muttersprache herauszugeben. Selbst der in Warschau (bzw. von 1893 bis 1897 in Grodno) lebende Zamenhof wagte es nicht, das Lehrbuch offen zum Verkauf anzubieten.

Schon im Jahre 1893 begann Dambrauskas, religiöse Gedichte original in Esperanto zu schreiben; einige davon erschienen 1905 in seiner Sammlung "Versajhareto". Er gilt als der Dichter der katholischen Esperanto-Bewegung. Zudem verfaßte er zwei mathematische Broschüren und ein philosophisches Buch mit dem Titel "Malgrandaj pensoj pri grandaj demandoj". Ein halbes Jahrhundert lang, bis zu seinem Tod im Jahre 1938, blieb Dambrauskas dem Esperanto treu.

Louis de Beaufront, der mit bürgerlichem Namen Louis Chevreux hieß, war der erste französische Esperanto-Sprecher. Er lernte die Sprache 1888 kennen und begann sofort, sie eifrig zu propagieren. 1892 gab er ein Esperanto-Lehrbuch für Franzosen heraus, es folgten verschiedene Übungsbücher, Wörterbücher, Grammatiken und Informationsschriften. De Beaufront hatte Sprachwissenschaft, Philosophie und Theologie studiert; er war Doktor der Theologie und verdiente seinen Lebensunterhalt unter anderem als Privatlehrer. 1893 verfaßte de Beaufront ein Gebetbuch mit dem Titel "Preghareto por katolikoj". Ab 1898 gab er die französisch-sprachige Zeitschrift "L' espérantiste" heraus, die ab dem folgenden Jahr mit einer Esperanto-sprachigen Beilage erschien. In dieser Zeitschrift stellte de Beaufront katholischen Esperantisten stets gern Raum für ihre Artikel zur Verfügung. Im Jahre 1908 verließ de Beaufront die Esperanto-Bewegung, um das von ihm mitentworfene Reformprojekt Ido zu propagieren.

Sowohl Dambrauskas als auch de Beaufront standen dem religiösen Weltbild Zamenhofs kritisch gegenüber. Vor allem in der Zeitschrift "Ruslanda esperantisto" diskutierten beide mit Zamenhof heftig über dessen "Homaranismus". Dambrauskas war ein katholischer Pfarrer, der aus innerer Überzeugung heraus zu anderen Konfessionen eine gewisse Distanz wahrte. Von 1889 bis 1895 wurde er vom zaristischen Regime in den Norden Rußlands verbannt, weil er katholischen Schülern verboten hatte, dem Befehl zu folgen, eine russisch-orthodoxe Kirche zu besuchen. Dambrauskas bezeichnete den Homaranismus Zamenhofs als "antireligiös", da dieser andere Prinzipien über die Lehre Jesu Christi stelle. Zamenhof antwortete ihm, diese Lehre könne und wolle niemanden von seiner Religion abbringen, und schließlich würde ja auch Gott es vorziehen, daß die Menschen eine Brücke bauen und gemeinsame Ideale und Werte erarbeiten, statt viele Religionen zu haben und einander zu hassen, da jeder nur seine eigene Religion für die einzig wahre hält.

De Beaufront bezeichnete hingegen die Hoffnung, der "Homaranismus" würde den Menschen Frieden und Glück verschaffen, als "naiv". Zamenhof entgegnete ihm, daß er zwar die Herzen derjenigen Menschen, die keinen Frieden wollen, nicht ändern könne; ihm gehe es vielmehr darum, "den sehr vielen Personen, die eine Gerechtigkeit und Brüderlichkeit zwischen den Völkern wünschen, diese zu ermöglichen".

Mit sehr sachlichen Argumenten gelang es de Beaufront, viele Franzosen für Esperanto zu interessieren. Einer von ihnen war Emile Peltier, Pfarrer der Gemeinde Sainte-Radegonde bei Tours. Peltier begann im Jahre 1901, Esperanto zu lernen, und bereits ein Jahr später regte ihn ein anderer französischer Esperanto-Sprecher, Henri Auroux, an, einen katholischen Esperanto-Verband zu gründen. Peltier stimmte der Idee begeistert zu und erarbeitete gemeinsam mit Auroux eine Satzung. Der Erzbischof von Tours, René François, gab in einem Brief an Peltier vom 6. Dezember 1902 seine Erlaubnis für die Vereinsgründung:

Sie erbaten mein Urteil über ein Unternehmen, das die Katholiken in aller Welt mit der internationalen Hilfssprache, Esperanto genannt, vereinigen will. Ich gebe diesem Projekt sehr gern meine Zustimmung, denn es scheint mir die Verbreitung des Evangeliums und die Einigung der Völker zu begünstigen. So wurde im Dezember 1902 die Vereinigung "Espero Katolika" gegründet. Peltier und Auroux konnten rund 80 Mitglieder werben, doch niemand außer ihnen war bereit, eine Aufgabe in dem Verband zu übernehmen. Daran scheiterte schließlich der Versuch, den Verein nach dem französischen Gesetz registrieren zu lassen. Peltier und Auroux entschlossen sich, die Organisation des Vereins vorerst ruhen zu lassen und stattdessen als "internationales Bindeglied der Katholiken" eine Zeitschrift herauszugeben. Ihre erste Ausgabe erschien im Oktober 1903, ebenfalls unter dem Namen "Espero Katolika". Auroux hatte die Redaktion der Zeitschrift übernommen; um den Vertrieb und die Verwaltungsaufgaben kümmerte sich Peltier. Doch schon vier Monate später trat Auroux als Redakteur zurück - möglicherweise im Zusammenhang damit, daß er wegen sprachlicher Mängel der Zeitschrift einiges an Kritik einstecken mußte.

Somit lasteten alle mit der Zeitschrift verbundenen Aufgaben auf den Schultern Peltiers - die Redaktion ebenso wie die Verwaltung der Abonnements und der Versand. Und nach wie vor mußte Peltier auch seine Pflichten als Pfarrer erfüllen. Hinzu kamen finanzielle Probleme - die Einnahmen aus den rund 250 Abonnements reichten bei weitem nicht aus, um die Kosten für Satz, Druck und Vertrieb der Zeitschrift zu decken. Und zusätzlich belasteten Peltier gesundheitliche Probleme.

Doch tapfer und optimistisch arbeitete er weiter an seiner Sache. Neue Impulse gab ihm der erste Esperanto-Weltkongreß 1905. Der Gedanke an eine "universelle Brüderlichkeit" erfaßte ihn, und fortan setzte er sich in seiner Zeitschrift vor allem für das ein, was wir heute "Ökumene" nennen. Im Januar 1906 erschien sein "Offener Brief an alle christlichen Pfarrer":

(...) Es scheint mir, daß der erste zu erledigende Schritt die Wiedervereinigung aller christlichen Religionen ist. Viele Glaubensgrundsätze, Gebete und Hoffnungen sind allen Christen gemeinsam. Nur wenige Punkte waren, in der schon sehr fernen Vergangenheit, Gründe der Uneinigkeit zwischen ihnen.

Glauben Sie nicht, daß es nun an der Zeit ist, daß man friedlich, gemeinsam und brüderlich, mit einer Seele völlig frei von den früheren Leidenschaften, diese alten Differenzen untersuchen kann? Ist es nicht etwas merkwürdiges und bedauerliches, daß Jünger dessen, der das Gebot "Liebt einander" aufstellte, fortfahren, einander wegen Feindseligkeiten aus vergangenen Jahrhunderten zu hassen? (...)

Peltier regte an, eine Vereinigung Esperanto-sprechender Priester zu gründen, um gemeinsam auf eine Überwindung konfessioneller Gegensätze hinzuarbeiten. Er erhielt zahlreiche teils positive, überwiegend aber skeptische Reaktionen auf seinen Aufruf. Es sei nicht schwer, eine freundschaftliche Unterhaltung zwischen Geistlichen verschiedener Konfessionen herbeizuführen, meinte der französische Pfarrer Requin; das Problem liege vielmehr darin, die Gegensätze in den Lehren und Dogmen zu ebnen. Der anglikanische Pfarrer John Cyprian Rust drückte Peltier prinzipiell seine Zustimmung aus; er fürchtete aber, daß eine Zusammenarbeit zwischen katholischen und protestantischen Esperanto-Sprechern dem Ruf des Esperanto in der Kirche schaden könnte. Möglicherweise hat Peltier die Differenzen zwischen den Konfessionen tatsächlich als zu geringfügig eingeschätzt - und doch sind seine Gedanken zu deren Überwindung auch heute noch aktuell.

Das Jahr 1906 war auch das Jahr des ersten päpstlichen Segens für die Esperanto-Bewegung. Während einer Privataudienz am 2. Juni jenes Jahres überreichte Luigi Giambene, Esperanto-sprechender Pfarrer aus Rom, Papst Pius X. die bis dahin erschienenen Jahrgänge der "Espero Katolika" und das Gebetbuch de Beaufronts. Bald darauf erhielt er das folgende, von Monsignore Giovanni Bressan unterzeichnete Schreiben aus dem Vatikan:

Ich habe die ehrenvolle Aufgabe, Ihnen mitzuteilen, daß der Heilige Vater mit günstiger Gesinnung und besonderem Wohlgefallen die erschienenen Ausgaben der Zeitschrift "Espero Katolika" entgegennahm, die Sie ihm ergeben im Namen von Pfarrer Emile Peltier übergaben. Ich bitte Sie, ehrenwerter Herr Monsignore, dem genannten Pfarrer das päpstliche Wohlgefallen zu übermitteln, das Seine Heiligkeit ihm und den Redakteuren der Zeitschrift entgegengebracht hat. Vom 28. August bis 2. September 1906 fand in Genf der 2. Esperanto-Weltkongreß statt. Im Rahmen dieses Kongresses zelebrierte der spanische Pfarrer Antonio Guinard eine heilige Messe in Esperanto. Während dieser Messe stieg Peltier mit sichtbarer Rührung auf die Kanzel, um - mit Erlaubnis des Genfer Generalvikars - in Esperanto zu predigen.

Doch es war der letzte Esperanto-Kongreß, an dem Peltier teilnehmen konnte. Seine Krankheit quälte ihn mehr und mehr, und die Zeitschrift "Espero Katolika" erschien oft nur noch mit großer Verspätung. Doch sie erschien. "Die moralischen und seelischen Kräfte - leider nicht die körperlichen - waren einfach enorm", schreibt Nico Hoen in seiner Geschichte der katholischen Esperanto-Bewegung über Peltier, "und es waren nur diese Kräfte, die er aus dem tiefsten Vertrauen in Gott schöpfte, welche die bewundernswerte Durchhaltekraft und den Mut Peltiers unterstützen."

Erst als die Zeitschrift im August 1908 nicht mehr erschien, fanden sich Menschen, die bereit waren, die Arbeit Peltiers zu übernehmen. Der 24-jährige Claudius Colas wurde neuer Chefredakteur der Zeitschrift, und der englische Abt Austin Richardson übernahm die Verwaltung.

Anfang 1909 erschien die "Espero Katolika" wieder, mit einem letzten Artikel Peltiers, der sich damit über die Anordnung seines Arztes nach völliger Ruhe hinwegsetzte. Peltier pilgerte zu dieser Zeit nach Lourdes und bat Maria, ihn entweder zu heilen oder ihm die Gnade zu geben, an dieser heiligen Stätte sterben zu dürfen. Ihm wurde die letztere Gnade zuteil. Er starb am 17. Februar 1909 in Lourdes. "Er übergab seine geliebte Zeitschrift in unsere Hände wie eine sterbende Mutter ihr geliebtes Kind in die Hände der Freunde gibt", schrieb Claudius Colas in der "Espero Katolika" vom März 1909.

Gut ein Jahr nach dem Tod Peltiers, im April 1910, fand in Paris der erste Katholische Esperanto-Kongreß statt. Im Rahmen dieses Kongresses wurde die "Internationale Katholische Esperanto-Vereinigung" (oder "Internacia Katolika Unuigho Esperantista", kurz IKUE) gegründet. In den Folgejahren konnte sich die junge Organisation gut weiterentwickeln. Alljährlich fanden weitere IKUE-Kongresse statt, so 1911 in Den Haag, 1912 in Budapest und 1913 in Rom. Die Zeitschrift "Espero Katolika" erschien mit großer Regelmäßigkeit jeden Monat.

Im August 1914 sollte in Lourdes der 5. IKUE-Kongreß stattfinden. Die Vorbereitungen dafür liefen planmäßig: Der irische Pfarrer und IKUE-Vorsitzende Patrick Parker konnte in der "Espero Katolika" vom Juli/August 1914 "mit großer Freude" von einem päpstlichen Segen für den Kongreß berichten. Doch plötzlich brach der 1. Weltkrieg aus. Der Kongreß in Lourdes mußte abgesagt werden; der Hauptorganisator Claudius Colas wurde zum Kriegsdienst einberufen und starb wenige Wochen später, am 11. September, 29-jährig in der Marneschlacht.

Die "Espero Katolika" erschien während des 2. Weltkrieges nicht mehr, und auch die sonstigen Aktivitäten der katholischen Esperantisten kamen für etliche Jahre fast völlig zum Erliegen.

Die protestantische Esperanto-Bewegung

Auch protestantische Esperanto-Sprecher hatten sich bereits zu Beginn dieses Jahrhunderts zu einem Verband zusammengeschlossen. Die Entstehung dieses Verbandes ist eng mit dem Christlichen Verein Junger Männer, kurz CVJM oder YMCA verbunden. Im Jahre 1906 besuchte der Geschäftsführer des YMCA, Baron von Starck, an seinem Wohnort Genf, der zugleich Sitz des YMCA war, den 2. Esperanto-Weltkongreß. Er war von der Sprache so angetan, daß er bald darauf in einigen Zeitschriften seines Verbandes sehr positive Artikel über Esperanto veröffentlichte. Bald lernten nicht wenige Mitglieder des YMCA die internationale Sprache. Im Februar 1908 begann der Ingenieur Paul Hübner (1881-1970) aus Mülheim am Rhein (einem heutigen Stadtteil Kölns), allmonatlich eine kleine Zeitschrift mit dem Titel "Esperanto en la servo de la Dia Regno" ("Esperanto im Dienst des Gottesreichs") herauszugeben. Sie sollte, wie Hübner betonte, als Bindeglied zwischen den Esperanto-sprechenden Mitgliedern des YMCA dienen, über das christliche Leben in allen Teilen der Erde informieren und ein "Wegweiser zu Jesus Christus" sein.

Ebenso wie in der katholischen Esperanto-Bewegung, so ging auch in der protestantischen die Gründung einer Zeitschrift derjenigen eines Verbandes voraus. Und auch hier lastete die Arbeit der Redaktion und Verwaltung der Zeitschrift lange Zeit auf den Schultern eines einzelnen, der bereit war, diese Arbeit und finanzielle Verluste auf sich zu nehmen. Bis Ende 1908 hatte Hübner gut 80 Abonnenten aus 12 Ländern gefunden, und ab Januar 1909 gab er die Zeitschrift unter dem verkürzten Namen "Dia Regno" heraus, unter dem sie - wenn auch mit gelegentlichen Unterbrechungen - bis heute erscheint.

Auf dem 7. Esperanto-Weltkongreß in Antwerpen fand am 25. August 1911 eine Versammlung protestantischer Esperanto-Sprecher statt. Dort wurde einstimmig beschlossen, eine internationale Vereinigung christlicher Esperanto-Sprecher zu gründen. In den Folgemonaten gab es lebhafte briefliche Diskussionen über die Satzung und den Namen der Organisation; man entschied sich schließlich für "Kristana Esperantista Ligo", kurz KEL - ein Name, der 1923 in "Kristana Esperantista Ligo Internacia" (kurz KELI) abgeändert wurde. Die offizielle Gründung der KEL fand jedoch erst zwei Jahre nach der Versammlung in Antwerpen, am 24. August 1913 auf dem Esperanto-Weltkongreß in Bern statt. Paul Hübner wurde dort zum ersten Vorsitzenden gewählt. Als ihr Gründungsdatum sieht die KEL bzw. KELI jedoch traditionell den 25. August 1911 an.

Ein bedeutendes Ereignis für christliche Esperanto-Sprecher aller Konfessionen war die Herausgabe des Neuen Testaments in Esperanto im Jahre 1912. Im Jahre 1909 hatte ein englisches Komitee unter der Leitung von Pfarrer John Cyprian Rust (ca. 1850-1927) mit der Übersetzungsarbeit begonnen; gut drei Jahre später erschien nun "La Nova Testamento de nia Sinjoro kaj Savanto Jesuo Kristo", und die erste Auflage von 5.000 Exemplaren war bereits nach wenigen Monaten vergriffen.

Dies brachte auch der KEL weiteren Auftrieb. Die Zusammenarbeit mit dem YMCA in der Organisation von Esperanto-Kursen lief sehr gut; Anfang 1914 empfahl das Zentralkomitee des YMCA sogar offiziell "die Ausweitung des Esperanto-Unterrichts in allen Vereinigungen des YMCA". Im Rahmen des 10. Esperanto-Weltkongresses in Paris, zu dem sich 3739 Menschen angemeldet hatten, sollte eine weitere Versammlung von KEL und ein Treffen mit Pariser Vertretern des YMCA stattfinden. Doch ebenso wie der in Lourdes geplante IKUE-Kongreß, so konnte auch dieser Esperanto-Weltkongreß nicht stattfinden. Und ebenso wie bei der Zeitschrift "Espero Katolika", so blieb auch bei "Dia Regno" die Ausgabe vom Juli/August 1914 zunächst einmal die letzte. Der erste Weltkrieg brachte die Aktivitäten christlicher Esperanto-Sprecher für einige Jahre fast völlig zum Erliegen.

Vom 1. bis zum 2. Weltkrieg

In mehreren Ländern war Esperanto während des ersten Weltkriegs verboten, in Frankreich z.B. ab 1916, und nahezu überall ging die Zahl der Esperanto-Kurse und Veranstaltungen deutlich zurück. Lediglich 163 Personen - fast ausschließlich aus den USA und Kanada - nahmen 1915 am 11. Esperanto-Weltkongreß in San Francisco teil. In der neutralen Schweiz war der Esperanto-Weltbund, dessen Sitz in Genf lag, nun vor allem damit beschäftigt, Zehntausende persönlicher Briefe zwischen Familienangehörigen und Freunden aus verfeindeten Ländern weiterzusenden. Der "Initiator" des Esperanto, Ludwig Zamenhof, starb nach einer schweren Krankheit am 17. April 1917 in Warschau an Herzversagen.

Informationen über Aktivitäten christlicher Esperanto-Sprecher während des ersten Weltkriegs sind nicht leicht zu finden. Bemerkenswert ist allerdings eine Information aus dem Buch "Historio de Esperanto" von Edmond Privat, nach der das Weltkomitee des YMCA "Tausende kleiner Esperanto-Lehrbücher an Kriegsgefangene in verschiedenen Ländern verteilen ließ".

1917 gründeten katholische Pazifisten die "Mondpacligo Blanka Kruco" ("Weltfriedensliga Weißes Kreuz"), die für ihre internationalen Kontakte Esperanto benutzte.

Ab 1920 erschienen wieder die Zeitschriften "Espero Katolika" und "Dia Regno". Es folgten Jahre mit raschen Veränderungen und voller Höhen und Tiefen. In dieser Zeit wurden weitere christliche Esperanto-Zeitschriften und -Verbände gegründet; hierbei sei insbesondere die "Internacio Katolika" (IKA) erwähnt, deren Gründung der als "Pionier der Ökumene" bekannte Pfarrer und Märtyrer Max Josef Metzger (1887-1944) initiierte. Wenngleich 1920 im Rahmen des Esperanto-Weltkongresses in Den Haag gegründet, vermied die IKA bewußt das Wort "Esperanto" in ihrem Namen, da sie sich stärker als die IKUE auch an solche Katholiken wandte, die noch kein Esperanto sprachen und es vielleicht nicht einmal selbst lernen wollten. Von 1921 bis 1924 gab Metzger in Graz die Esperanto-sprachige Zeitschrift "Katolika Mondo" heraus.

Im Herbst 1926, gut 12 Jahre nach dem Neuen Testament, erschien in London die vollständige Bibel (allerdings noch ohne die deuterokanonischen Bücher) in Esperanto-Übersetzung. Das Alte Testament hatte Ludwig Zamenhof selbst aus dem Hebräischen übesetzt. Doch wenngleich er diese Arbeit bereits 1915 abgeschlossen hatte, konnte das Manuskript erst nach dem 1. Weltkrieg nach England gelangen, wo sich von 1919 bis 1926 ein Bibelkomitee mit der Durchsicht, Korrektur und der sprachlichen Angleichung des Alten an das Neue Testament beschäftigte. Zwei Quäkerinnen, die Schwestern Priscilla (1833-1931) und Angerina Peckover (1841-1927) hatten sich zur Finanzierung der Herausgabe bereiterklärt. Innerhalb von fünf Jahren waren 5.000 Exemplare der Esperanto-Bibel verkauft, und Christen aller Konfessionen lobten die Übersetzung wegen ihrer Klarheit und Verständlichkeit.

Die "Londona Biblio" ist bis heute jeweils mit einigen Korrekturen immer wieder nachgedruckt worden. Eine von dem italienischen Pfarrer Angelo Duranti initiierte ökumenische Bibelübersetzung ist in Vorbereitung; eine moderne Übersetzung der vier Evangelien durch den niederländischen Altphilologen Pfarrer Gerrit Berveling wurde 1992 in Brasilien herausgegeben. 1997 erschien die ganze Esperanto-Bibel einschließlich der deuterokanonischen Bücher auf CD-ROM.

Wechselten in den 20er Jahren noch Höhen und Tiefen einander ab, so überwogen in der christlichen Esperanto-Bewegung in den 30ern die Tiefen - die Probleme und Katastrophen. 1931 wurde der katalanische Pfarrer Juan Font Giralt zum Vorsitzenden der IKUE gewählt; er übernahm ab dem folgenden Jahr auch die Redaktion der "Espero Katolika". Doch Ende 1934 erkrankte Font Giralt schwer, so daß die "Espero Katolika" nun in den Niederlanden redigiert wurde. 1936 ging es Font Giralt wieder besser - doch da brach der spanische Bürgerkrieg aus, der auch Verfolgungen von Priestern mit sich brachte. Juan Font Giralt starb einen grausamen Märtyrertod: Am 17. August 1936 hackte man ihm seine Hände ab und verbrannte seinen Körper.

Werfen wir nun wieder einen Blick auf die protestantische Esperanto-Bewegung. Im Jahre 1932 erschien nach mehrjähriger Pause wieder die Zeitschrift "Dia Regno", und zwar nach wie vor unter der Redaktion von Paul Hübner, der in den 20er Jahren aus persönlichen, beruflichen und finanziellen Gründen nicht regelmäßig für seine Sache arbeiten konnte. Vor allem in den Niederlanden gewann die Sprache Esperanto nun an Popularität, was nicht zuletzt auch den Verbänden KELI und IKUE zugute kam.

Problematischer war die Situation in Deutschland, wo Anfang 1933 Adolf Hitler an die Macht kam. Bekanntlich standen leider auch sehr viele deutsche Christen dem Nationalsozialismus anfangs eher positiv gegenüber, und so wundert es nicht, daß auch Paul Hübner in der Zeitschrift "Dia Regno" Nr. 4/1933 die ausländischen Leser darauf hinwies, daß in Deutschland nun "die atheistische Welle gestoppt" und "das Christentum gerettet" sei. Hübner äußerte sich zuversichtlich, daß "gewiß in einiger Zeit auch unsere staatlichen Organisationen in Deutschland den Wert des Esperanto anerkennen und die Bewegung wieder unterstützen werden".

Doch sein Optimismus wurde bitter enttäuscht: Anfang 1936 wurde die folgende, von Martin Bormann, dem Stabsleiter des Stellvertreters des Führers, unterzeichnete Anordnung verhängt:

Da die Schaffung einer internationalen Mischsprache den Grundanschauungen des Nationalsozialismus widerspricht und letzten Endes nur im Interesse überstaatlicher Mächte liegen kann, verbietet der Stellvertreter des Führers allen Parteigenossen und Angehörigen der Gliederungen der Partei die Zugehörigkeit zu Kunstsprachenvereinigungen aller Art. Mit einem Erlaß Himmlers vom 20. Juni 1936 wurden schließlich die Esperanto-Vereinigungen in Deutschland aufgefordert, sich selbst aufzulösen, wenn sie es vermeiden wollten, zwangsweise aufgelöst zu werden. Seitdem war auch jede Betätigung für IKUE oder KELI in Deutschland verboten. Die Aktivitäten der KELI mußten nach Schweden und in die Niederlande verlagert werden.

Gegen Ende der 30er Jahre wurde sowohl die "Espero Katolika" als auch "Dia Regno" in den Niederlanden herausgegeben. Mit Ausbruch des Krieges konnten beide Zeitschriften einen großen Teil ihrer Leser nicht mehr erreichen. Die "Espero Katolika" vom Januar/Februar 1940 wurde die letzte Ausgabe vor Kriegsende. Am 10. Mai 1940 besetzten deutsche Truppen die Niederlande, und im Februar 1940 erschien dort die letzte Ausgabe von "Dia Regno", denn im März wurde Esperanto auch dort ausdrücklich verboten. Doch ganz zum Erliegen kam die Arbeit der christlichen Esperantisten während des 2. Weltkriegs nicht: Von 1941 bis 1945 wurden von Schweden aus sieben Ausgaben eines "Provizora Dia Regno" verschickt, die allerdings nur einen kleinen Teil der Adressaten wirklich erreichten.

In den Einflußbereichen Hitlers und Stalins blieben auch Esperantisten nicht von den Greueltaten dieser Diktatoren verschont. In Deutschland wurden nicht wenige Esperanto-Sprecher allein wegen der Betätigung für diese Sprache verhaftet und in ein Konzentrationslager gebracht; andere wurden in erster Linie wegen ihrer jüdischen Herkunft oder ihrers generellen Einsatzes für den Pazifismus ermordet. Zu den Opfern des Nationalsozialismus zählen auch die drei Kinder Zamenhofs, die allesamt bereits im Januar 1940 verhaftet wurden. Zamenhofs einziger Sohn Adam (geb. 1888) wurde bereits unmittelbar darauf erschossen; die Töchter Sofia (geb. 1889) und Lidia (geb. 1904) wurden 1942 aus dem Warschauer Getto nach Treblinka überführt und dort im August bzw. Oktober desselben Jahres ermordet. Der Esperantist und Gründer der Una-Sancta-Bewegung, Max Josef Metzger, wurde 1943 unter dem Vorwand des Verrats und der Zusammenarbeit mit dem Feinde verhaftet und am 17. April 1944 hingerichtet.

Dem sowjetischen Diktator Stalin waren alle Menschen suspekt, die internationale Kontakte hatten, und hierzu gehörten insbesondere die Esperanto-Sprecher. Nach verschiedenen Schätzungen wurden 1937/38 während der "Großen Säuberung" 2.000 bis 30.000 Esperanto-Sprecher zumeist unter dem Vorwand der Spionage zum Tode verurteilt und hingerichtet. Zu den Opfern Stalins gehören auch bedeutende Esperanto-Schriftsteller und Esperantologen wie Vladimir Varankin (1902-1937) und Ernest Dresen (1892-1837).

Die Nachkriegszeit

In den westlichen Ländern konnten sich die christlichen Esperanto-Verbände IKUE und KELI nach Kriegsende schon recht bald wieder neu formieren. Ab 1946 erschienen die Zeitschriften "Espero Katolika" und "Dia Regno" wieder regelmäßig, und protestantische Esperanto-Sprecher verwirklichten bald darauf einen alten Plan: Im Sommer 1948 fand in Tostarp in Schweden der erste KELI-Kongreß statt. Zuvor hatte man sich in erster Linie im Rahmen der Esperanto-Weltkongresse getroffen und dort jeweils eine KELI-Sitzung abgehalten, doch der erste eigene Kongreß war in jeder Hinsicht ein Erfolg, so daß man auch in Zukunft nicht auf ein solches Treffen verzichten wollte. Seit 1948 findet daher in fast jedem Jahr ein "KELI-Kongreso" statt.

Nach 11-jähriger Unterbrechung trafen sich 1950 auch katholische Esperanto-Sprecher wieder auf einem eigenen Kongreß; es war der 22. und zugleich (nach 1913 und 1935) der dritte, der in Rom stattfand.

Problematisch blieb die Situation in Osteuropa. Hier waren die Verbände IKUE und KELI den totalitären Regimen in doppelter Weise suspekt. Oft war bereits die Anwendung und Verbreitung des Esperanto unerwünscht; in der DDR z.B. durfte sich erst 1965 wieder ein Esperanto-Verband gründen. Und selbstverständlich traf die Unterdrückung religiöser Aktivitäten auch die christlichen Esperanto-Verbände. Am günstigsten war noch die Situation in Polen, wo die Regierung 1957 immerhin die Einfuhr der Zeitschrift "Espero Katolika" erlaubte. Doch eine stärkere Zusammenarbeit zwischen christlichen Esperanto-Sprechern aus Ost und West war lange Zeit unmöglich. So wundert es nicht, daß in den 50er und 60er Jahren alle IKUE- und KELI-Kongresse in westlichen Ländern stattfanden.

Nachdem das 2. Vatikanische Konzil die ökumenische Verpflichtung der katholischen Kirche betonte, fand 1968 in Limburg an der Lahn der erste gemeinsame Kongreß der beiden Verbände statt; es war zugleich der 32. Kongreß der IKUE und der 21. KELI-Kongreß.

In demselben Jahr ermutigte der "Prager Frühling" die tschechischen IKUE-Mitglieder sowie Angehörige der Hussitenkirche, die Organisation eines Ökumenischen Esperanto-Kongresses in ihrem Land ins Auge zu fassen. Er sollte im Sommer 1970 in Brno stattfinden. Doch nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen kam alsbald ein "Normalisierungsprozeß" in Gang, und ein internationaler Kongreß christlicher Esperantisten war für die neue Regierung unakzeptabel. Die Veranstalter mußten den Kongreß wenige Wochen vor seinem Beginn absagen; er wurde schließlich kurzfristig nach Klagenfurt verlegt, aber nur wenigen der angemeldeten Teilnehmer aus Osteuropa gelang es, noch rechtzeitig ein österreichisches Visum zu erhalten.

Noch eine Zeitlang konnten sich die tschechischen IKUE-Mitglieder auf ihren alljährlichen Zeltlagern treffen - jedoch nur bis zum Sommer 1977, als die Polizei das 9. Katholische Esperanto-Zeltlager in Herbortice auflöste und die Organisatoren Miloslav Svacek und Pfarrer Vojtech Srna verhaftete. Kurz darauf wurde die tschechische IKUE-Sektion aufgelöst.

Erfreulicher war die Situation wiederum in Polen, wo in demselben Sommer der 37. IKUE-Kongreß stattfinden konnte. Es war der erste Kongreß dieser Art in einem Land des Warschauer Paktes, und zugleich mit rund 700 Teilnehmern der bisher größte IKUE-Kongreß. Noch zweimal - 1978 in Varna in Bulgarien und 1987 wiederum in Czenstochowa - trafen sich vor dem Fall des eisernen Vorhangs Katholiken aus Ost und West auf einem IKUE-Kongreß in einem osteuropäischen Land.

Der Untergang der totalitären Regime brachte den christlichen Esperantisten in Osteuropa die langersehnte Freiheit. Am 19. Mai 1990, knapp 13 Jahre nach ihrem Verbot, wurde die tschechische IKUE-Sektion wiedergegründet. Unter Vorsitz des unermüdlichen Miloslav Svacek wurde sie binnen kurzer Zeit zu einem der aktivsten Landesverbände der IKUE. Auch in Rumänien und in Litauen bildeten sich wieder sehr aktive IKUE-Landesverbände.

In der Gegenwart sind beide Organisationen, IKUE und KELI, durch Kontinuität und Stabilität gekennzeichnet. Bereits seit 1961 ist der württembergische Pfarrer Adolf Burkhardt KELI-Vorsitzender (unterbrochen nur durch die Jahre 1975-1981); die entsprechende Funktion hatte in IKUE von 1979 bis 1995 der italienische Pfarrer Diulio Magnani inne, bis ihn schließlich Antonio de Salvo ablöste. 1995 fanden erstmals zwei IKUE-Kongresse in einem Jahr statt - der 48. Kongreß in Olomouc (Tschechien) im Juli und der 49. Kongreß im Rahmen des ökumenischen Esperanto-Kongresses in Kaunas (Litauen). Ebenfalls 1995 gelang es der IKUE dank eines großen Spendenaufrufs, ein eigenes Domizil in Rom zu erwerben, das nun als Geschäftstelle des Verbandes und Redaktionsbüro der "Espero Katolika" fungiert.

Am 10. August 1996 gründeten junge Katholiken aus Belgien, Deutschland, der Slowakei, Tschechien und Ungarn auf dem Katholischen Esperanto-Zeltlager in Sebranice eine Jugendorganisation der IKUE. Sie nennt sich "IKUE-Junularo" oder kurz "IKUEJ". Ihre Ziele sind gemäß ihrer Satzung:

Bereits in ihrem Gründungsjahr traten Jugendliche aus 10 Ländern der Organisation bei.

Die Einstellung der Kirchenleitung zum Esperanto

Während das vorangegangene Kapitel vor allem vom Einsatz von Priestern und Laien für die internationale Sprache handelte, soll nun die Einstellung der Kirchenleitung - und zwar vor allem der katholischen - zum Esperanto näher untersucht werden.

Das "Lexikon für Theologie und Kirche" von 1959 schließt seinen Artikel über Esperanto mit den Worten "Die Päpste seit Pius X (u. zahlr. Kard. u. Bisch.) haben die E.bewegung begrüßt und gefördert". In der Tat spricht vieles dafür, daß in diesem Jahrhundert fast alle Päpste die Esperanto-Bewegung mit freundlichem Wohlwollen betrachteten. In den frühen 30er Jahren fand sich auf der Titelseite der "Espero Katolika" stets die Bemerkung "Honorita per apostola beno de Papo Pio X, 27 junio 1906, kaj de Papo Benedikto XV, 20 aßgusto 1920, kaj de Papo Pio XI, 11 oktobro 1924". Daß diese Päpste der "Espero Katolika" tatsächlich ihren apostolischen Segen spendeten, steht zweifelsfrei fest. In den vergangenen Jahrzehnten sind jedoch auch zahlreiche konkrete Worte mehrerer Päpste immer wieder zitiert worden, obwohl für diese keine wirklich zuverlässige Quelle angegeben werden kann.

So heißt es in einem Flugblatt, das die deutsche IKUE-Sektion anläßlich des Katholikentages 1992 in Karlsruhe herausgegeben hat:

Esperanto wird, wie jahrhundertelang das Lateinische, ein Instrument der Versöhnung und der Einigkeit unter den Völkern sein.
Papst Pius X
In dem Buch "Pri internacia lingvo dum jarcentoj" von Isai Dratwer heißt es hingegen: Ich sage dem Esperanto in der Zukunft der Zivilisation eine Rolle voraus, die der des Latein im Mittelalter ähnelt. Als Weltsprache wird es einmal ein Instrument des Friedens und der Freundschaft zwischen den Völkern sein.
Papst Pius XII


Im ersten Fall wird keine, im zweiten Fall eine Esperanto-Werbeschrift aus dem Jahre 1949 als Quelle angegeben. Aufgrund der Ähnlichkeit dieser Aussagen liegt es auf der Hand, daß bei einem der beiden Zitate der genaue Wortlaut und der genaue Name des Urhebers verfälscht wurde; möglicherweise ist sogar keines der beiden Zitate echt.

Die erste Äußerung eines Papstes zum Esperanto, die auch durch den "Osservatore Romano" (und zwar dessen Ausgabe vom 15. August 1975) belegt werden kann, stammt von Papst Paul VI. Dieser richtete während einer Generalaudienz auf dem Petersplatz am 13. August 1975 die folgenden Worte an die Teilnehmer des 36. IKUE-Kongresses:

Wir richten nun unseren Gruß und unsere guten Wünsche an die Teilnehmer des 36. Internationalen Kongresses der katholischen Esperantisten. Zu Ihren besonderen kulturellen Zielen möchten Sie eine religiöse Note hinzufügen, indem Sie sich einfügen in den Geist des Jubiläums, das an alle Menschen guten Willens von Erneuerung spricht, von Bekehrung, von dem wiedergefundenen Kontakt zu Gott, der liebt und verzeiht. Dieser Geist möge Sie führen in dem Beitrag zu Brüderlichkeit und Verständigung zwischen verschiedenen Völkern verschiedener Sprachen, nach dem Programm, das Sie auszeichnet. Dies ist unser aufrichtiger Wunsch, den wir durch unseren apostolischen Segen aufwerten, der die Geschenke des Herrn begünstigt. Zwei Jahre später fand der bereits erwähnte 37. IKUE-Kongreß in Czenstochowa statt. Schirmherr war Kardinal Karol Wojtyla, der spätere Papst Johannes Paul II In seiner Grußbotschaft an den Kongreß schrieb Kardinal Wojtyla: "Wie Jesus Christus für seine Jünger für die Einigkeit gebetet hat (Joh 17,11), so bete auch ich im Namen der Kirche in Ihrer Absicht. Ein Glaube und eine Liebe mögen Ihnen helfen, die zersplitterte Welt in eine Herde unter einem Hirten zu vereinigen. Eine übernationale Sprache - Esperanto - möge auch bei diesem noblen Ziel wirksam dienen". Wojtyla hatte zugesagt, auf dem Kongreß eine Messe in Esperanto zu zelebrieren; er war jedoch wegen der Beerdigung des Erzbischofs von Poznan, Antoni Baraniak, kurzfristig verhindert.

Nach seiner Wahl zum Oberhaupt der katholischen Kirche vergingen fast 13 Jahre, bis Johannes Paul II schließlich als erster Papst öffentlich Esperanto sprach. Anlaß war der 6. Weltjugendtag 1991 in Czestochowa, zu dem mehr als eine Million Teilnehmer aus aller Welt angereist waren. Sowohl bei seiner Begrüßungsansprache am 14. August als auch bei der Schlußversammlung am folgenden Tag verwendete der Heilige Vater neben anderen Fremdsprachen erstmals auch Esperanto.

Die Texte dieser Ansprachen lauten nach dem "Osservatore Romano" vom 22. August 1991:

Mi donas ankau en Esperanto bonvenan saluton al la junaj pilgrimantoj el la tuta mondo en chi tiu tago de universala frateco, kiu vidas nin unuigitajn kiel filojn de unu sama Patro en la nomo de Kristo, vero de la homo. (Ich erteile auch auf Esperanto einen Willkommensgruß an die jugendlichen Pilger aus der ganzen Welt an diesem Tag der weltweiten Brüderlichkeit, der uns als Kinder des einen Vaters im Namen Christi, der Wahrheit für die Menschen, vereint sieht.)

Karegaj junuloj! La sperto de kredo, travivita che la piedoj de la 'Nigra Madono', restu neforigeble gravurita en viaj koroj. Sanktega Maria akompanu vin! (Liebe Jugendliche! Die Erfahrung des Glaubens, die zu Füßen der 'Schwarzen Madonna' erlebt wurde, sei unauslöschlich in Euer Herz geschrieben. Die heilige Maria begleite Euch!)

Knapp zwei Jahre später, im Sommer 1993, erteilte Johannes Paul II dem Esperanto-Weltkongreß in Valencia seinen apostolischen Segen. Eine deutsche Übersetzung seines Grußwortes findet sich in der Zeitschrift "Ökumenisches Esperanto-Forum" Nr. 13 (1993): Der heilige Vater grüßt aufrichtig die Veranstalter und Teilnehmer des in Valencia stattfindenden 78. Esperanto-Kongresses und ermutigt sie, mit ihren sehr achtenswerten Bemühungen um eine Welt, in der Verständigung und Einheit herrschen, fortzufahren.

Zugleich bittet Sie der heilige Vater, diese Begegnung von Menschen aus verschiedenen Ländern, Kulturen und Glaubensbekenntnissen, die eine gemeinsame Sprache sprechen, zu einem Zeugnis jener Brüderlichkeit werden zu lassen, die ohne jede Diskriminierung unter allen Menschen als Gliedern der großen Familie der Kinder Gottes herrschen soll, und die zum persönlichen und kollektiven Kompromiß Mut macht, um den Frieden am jeweiligen Heimatort zu bauen.

Mit diesen Wünschen und unter Anrufung des Schutzes Gottes für die Arbeiten des Kongresses und für seine Teilnehmer erteilt der Papst mit Freuden den so ersehnten apostolischen Segen.

Am 3. April 1994 sprach Papst Johannes Paul II erstmals seinen Ostergruß vor dem Segen 'urbi et orbi' auch auf Esperanto, und zwar mit den Worten 'Felichan Paskon en Kristo resurektinta' (Osservatore Romano, 5./6. April 1994). In demselben Jahr folgte der Weihnachtsgruß 'Dibenitan Kristnaskon kaj prosperan novan jaron'. Seitdem wiederholt der Heilige Vater alljährlich diese Grüße; selbst 1995, als er seine Weihnachtsgrüße wegen eines Schwächeanfalls nur auf Italienisch und Französisch sprechen konnte, stand Esperanto in seiner Liste.

Im Rahmen einer Generalaudienz auf dem Petersplatz am 3. September 1997 begrüßte Papst Johannes Paul II die Teilnehmer des 50. IKUE-Kongresses unmittelbar auf Esperanto. Der Kongreß fand unter dem Thema "Geht darum hin und macht alle Völker zu euren Jüngern" (Mt 28,19) statt. Die auf Esperanto und Italienisch im Osservatore Romano vom 4. September 1997 abgedruckten Worte des Heiligen Vaters seien hier in der deutschen Übersetzung aus dem Ökumenischen Esperanto-Forum Nr. 27 wiedergegeben:

Ich freue mich, die Verantwortlichen der Internationalen Katholischen Esperanto-Vereinigung willkommen zu heißen, die sich an ihrem 50. Kongreß beteiligen. Liebe Anwesende, das Thema Ihres Kongresses greift den missionarischen Auftrag auf, den Christus seiner Kirche anvertraut hat. Nehmen Sie ihn umfasssend an mit jenem Geist der Universalität, der dieser Sprache zugrunde liegt, die von Ihnen gepflegt wird. Doch nicht nur unmittelbar durch Worte von Päpsten hat die katholische Esperanto-Bewegung Anerkennung aus dem Vatikan erhalten. Als Folge der vom 2. Vatikanischen Konzil beschlossenen Reform der Liturgie wurde Esperanto zunächst im April 1966 teilweise und dann im Juli 1968 vollständig als liturgische Sprache anerkannt. Im November 1990 approbierte der Vatikan schließlich die Texte für die Feier der heiligen Messe in Esperanto. Eine Kommission unter der Leitung des Warschauer Weihbischofs Wladyslaw Miziolek hatte die Esperanto-Texte erstellt. Seit Sommer 1995 ist nun das "Meslibro kaj Legajharo por dimanchoj kaj festoj" ("Meßbuch und Lektionar für Sonn- und Feiertage) in zwei ansprechend gebundenen Bänden erhältlich.

Am 11. Januar 1992 wurde die IKUE per Dekret des Pontifikalrats für Laien vom Vatikan offiziell als Gemeinschaft von Gläubigen anerkannt.

Eine in der Praxis sehr bedeutsame Anerkennung stellt auch die Verwendung des Esperanto durch Radio Vatikan seit 1977 dar. Wir werden im folgenden Kapitel näher auf diese Sendungen eingehen.

Es ist interessant, einmal zu untersuchen, ob es aus dem Vatikan auch negative Äußerungen über Esperanto gibt. Einige Andeutungen dazu findet man in Zeitungsartikeln. So schrieb die Katholische Nachrichtenagentur KNA am 2. Februar 1995 im Zusammenhang mit der Verwendung des Esperanto durch Papst Johannes Paul II: "Dabei gab es in der katholischen Kirche anfangs Mißtrauen gegen die Kunstsprache. So wurde ihr Erfinder u.a. als Freimaurer verdächtigt." Und in einer Meldung der Zeitschrift "Christ in der Gegenwart" vom 24. September 1995 über die Herausgabe des Meßbuchs in Esperanto heißt es: "Die vatikanische Gottesdienstkongregation hatte zuerst erhebliche Widerstände zu überwinden - dann aber die Esperanto-Übersetzung des römischen Meßbuchs erlaubt."

Die "erheblichen Widerstände" sind im Meßbuch selbst erklärt. Dort findet sich im Vorspann das Dokument der Gottesdienst- und Sakramentenkongregation "Normen für die Feier der Messe in Esperanto" vom 20. März 1990 in Italienisch und Esperanto. Darin wird auf den Rundbrief "Decem iam annos" vom 5. Juni 1976 verwiesen, nach dem Esperanto "keine von einem Volk gesprochene Sprache" sei und daher "nicht die Eigenschaften aufweist, um als Liturgische Sprache betrachtet werden zu können".

Zu der "Verdächtigung" von Zamenhof als Freimaurer läßt sich anmerken, daß es hierfür keine eindeutigen Anhaltspunkte gibt, obwohl Leben und Werk Zamenhofs ausgesprochen detailliert erforscht worden sind.

Wenden wir uns nun der Einstellung von Bischöfen und Kardinälen zum Esperanto zu. In Deutschland haben des öfteren Bischöfe anläßlich von Ereignissen aus der Esperanto-Welt sehr freundliche Grußworte geschrieben, so etwa Erzbischof Johannes Joachim von Degenhard zum Europäischen Esperanto-Kongreß 1977 in Paderborn oder der Bischof von Speyer, Anton Schlembach, zum 100-jährigen Jubiläum der Sprache (vgl. die aus diesem Anlaß vom Saarländischen Esperanto-Bund herausgegebene Broschüre). In Freiburg hat Bischof Oskar Saier die Diözesan-Arbeitsgemeinschaft der IKUE 1989 als katholische Gemeinschaft anerkannt; vier Jahre später erfolgte dieselbe Anerkennung auch in Speyer durch Bischof Anton Schlembach. Da sich die Aktivitäten der IKUE in Deutschland bisher auf recht wenige Diözesen beschränken, ist eine Anerkennung der Deutschen IKUE-Sektion durch die Deutsche Bischofskonferenz derzeit nicht möglich; in anderen Ländern (z.B. 1991 in Tschechien und 1993 in der Slowakei) ist die entsprechende Anerkennung jedoch bereits erfolgt.

In mehreren Ländern gibt es Bischöfe, die selbst Esperanto sprechen und häufig Messen darin zelebrieren. Der Bischof von Eisenstadt (Österreich), Dr. Paul Iby, ist seit vielen Jahren IKUE-Mitglied. Der Erzbischof von Prag, Kardinal Miloslav Vlk, hat Esperanto bereits als Jugendlicher gelernt und angewendet. Auf dem IKUE-Kongreß 1995 in Olomouc zelebrierte Vlk eine Messe in Esperanto. In seiner Predigt betonte er dabei:

Stets spürte ich unter Esperantisten nicht nur den Vorteil einer gemeinsamen Sprache, sondern ich erlebte, daß diese Sprache mehr als Verständigung liefert, daß sie Gemeinschaft und Einheit bringt. Und dies hat auf der Ebene des Evangeliums, auf der Ebene der Kirche, einen sehr wichtigen Sinn, da dies nicht nur Gemeinsamkeit bedeutet, sondern Anwesenheit Christi inmitten der Menschen. Christus ist auf die Welt gekommen, um die Anwesenheit Gottes in die Mitte der Menschen zu bringen, so hat Gott es geplant. Das ist das Paradies. Und das, was Sie untereinander genießen, spiegelt dies glanzvoll wider. (EK 6-7-8/95, S. 91-92) Noch häufiger als Kardinal Vlk besucht der Bischof von Hradec Králové, Karel Otcenásek, Esperanto-Veranstaltungen, um die Teilnehmer in ihrem Eintreten für eine bessere Verständigung zu bestärken.

In ihren Äußerungen über Esperanto beschränken sich kirchliche Würdenträger oft darauf, den Beitrag dieser Sprache zur Völkerverständigung und zur Annäherung der Gläubigen anzuerkennen. Wenn es um die Frage geht, ob man konkrete Änderungen in Kirche und Welt herbeiführen sollte, ist man zurückhaltender.

Doch gerade hier ging der rumänische Weihbischof György Jakubinyi (der später, im Jahre 1994, zum Erzbischof von Alba Iulia ernannt wurde) einen Schritt weiter: Auf der Europa-Sondersynode im Vatikan im November 1991 setzte sich Jakubinyi offen für Esperanto als neue Kirchensprache ein. Hierüber berichtete die Katholische Nachrichtenagentur KNA am 1. Dezember 1991:

Vatikanstadt. Die politischen Umwälzungen in Europa haben auch die Zusammensetzung des Synchron-Übersetzungsteams in der Aula der Europa-Sondersynode, die am Donnerstag letzter Woche im Vatikan eröffnet worden ist, verändert: Die "Muttersprache" der Kirche, das Latein, wird nicht mehr angeboten, sondern vom Russischen ersetzt. Damit trägt das Sekretariat der Bischofssynode der Tatsache Rechnung, daß unter den rund 200 Teilnehmern an der Versammlung mehrere Vertreter aus dem russischen Sprachraum anwesend sind.

Der rumänische Weihbischof György Jakubinyi (Alba Iulia) leistete ebenfalls einen Beitrag zum Thema Sprache bei der Synode. Er schlug vor, das heute nicht mehr in dem Maße wie früher praktizierte Latein durch die internationale Sprache Esperanto zu ersetzen. Das Lateinische, argumentierte der Weihbischof, sei zudem nur in der Westkirche die liturgische Sprache. Gegen den "sprachlichen Imperialismus", mit dem die großen Nationen den kleinen ihre Sprache und zugleich ihre Kultur und Weltanschauung aufdrängen wollen, so Jakubinyi, bedürfe es einer "künstlichen internationalen Sprache", hinter der keine Nation stehe.

Zahlreiche katholische Zeitschriften in aller Welt berichteten von dem Vorschlag Jakubinyis, der sein Plädoyer für Esperanto 1994 auf dem Katholikentag in Dresden in einem Forum "Wege zur Partnerschaft mit Mittel- und Osteuropa" wiederholte. Sollte sein Vorschlag einmal echtes Gehör finden, so könnten sich die folgenden, Anfang der 70er Jahre gegenüber dem damaligen IKUE-Vorsitzenden Diulio Magnani ausgesprochenen Worte des polnischen Kardinals Stefan Wyszinski als prophetisch erweisen: "Auf dem 2. Vatikanischen Konzil erlitt das Latein eine Krise... Auf dem nächsten Konzil wird man Esperanto sprechen."

5. Die Anwendung des Esperanto unter Gläubigen

Esperanto-sprechende Christen nutzen ihre Sprache auf vielfältige Art und Weise. Sie nehmen an Gottesdiensten in Esperanto teil, sie treffen sich auf dem IKUE- oder KELI-Kongressen und den Katholischen Esperanto-Zeltlagern, sie lesen die Zeitschriften "Espero Katolika" und "Dia Regno" und schreiben Artikel für sie. Viele christliche Esperanto-Sprecher stehen untereinander in Briefkontakt, sei es auf konventionelle Art und Weise oder aber, ganz zeitgemäß, per Internet.

Gottesdienste

Eine soziologische Untersuchung aus dem Jahre 1992 hat gezeigt, daß es unter den Mitgliedern des Deutschen Esperanto-Bundes e.V. (D.E.B.) zwar einerseits geringfügig weniger Katholiken und Protestanten, andererseits aber deutlich mehr Kirchgänger gibt als in der Gesamtbevölkerung. Nach der Umfrage gehören 33,5% der D.E.B.-Mitglieder der evangelisch-lutherischen und 27,0% der katholischen Kirche an; von diesen erklärten jedoch 69,1% bzw. 87,9%, daß sie diese Religion auch praktizieren, indem sie "wenigstens ab und zu an religiösen Zusammenkünften (z.B. Gottesdiensten) teilnehmen". Die letzteren Zahlen sind bemerkenswert hoch, da nach einer Umfrage unter der Gesamtbevölkerung aus dem Jahre 1987 nur 47% der Protestanten und 73% der Katholiken zumindest gelegentlich in die Kirche gehen.

Von den Mitgliedern des D.E.B. bezeichneten sich insgesamt 49,3% als praktizierende Christen. Es ist daher verständlich, daß auf Esperanto-Veranstaltungen stets ein starkes Interesse an Gottesdiensten in der Internationalen Sprache besteht. Auf den alljährlichen Esperanto-Weltkongressen gehört daher stets ein Ökumenischer Gottesdienst ("Ekumena Diservo") ganz selbstverständlich zum Programm, und zwar selbst dann, wenn dieser Kongreß (wie 1986 in Peking oder 1990 in Havanna) in einem Land stattfindet, dessen Regierung dem Christentum gegenüber nicht gerade positiv eingestellt ist. Auf dem 81. Esperanto-Weltkongreß 1996 in Prag fand sogar an jedem Morgen in einer Kirche unweit den Kongreßzentrums eine heilige Messe in Esperanto statt; zusätzlich gab es an zwei Nachmittagen einen ökumenischen Gottesdienst und eine von Bischof Otcenásek zelebrierte Messe in Esperanto mit jeweils rund 400 Teilnehmern.

Doch auch auf kleineren Esperanto-Veranstaltungen werden Gottesdienste in Esperanto angeboten, etwa alljährlich auf dem deutschen Esperanto-Kongreß oder alle sechs Monate auf den Fortbildungstagungen des Saarländischen Esperanto-Bundes, gelegentlich auch auf den Esperanto-Weltjugendkongressen oder den Ostertreffen der italienischen Esperanto-Jugend. Die Organisatoren von Esperanto-Veranstaltungen sind fast immer sehr gern bereit, einen Gottesdienst in das Programm aufzunehmen, sie haben jedoch oft Schwierigkeiten, einen Pfarrer zu finden, der diesen leiten kann. So gibt es z.B. in Deutschland nur zehn bis fünfzehn Esperanto-sprechende Geistliche, und viele von ihnen können wegen Verpflichtungen in ihrer eigenen Gemeinde nicht sehr häufig Esperanto-Veranstaltungen besuchen. Vor allem auf Esperanto-Jugendtreffen finden gelegentlich (z.B. im Sommer 1996 auf dem Esperanto-Weltjugendkongreß in Güntersberge im Harz oder Ostern 1998 auf dem Internationalen Jugendfestival in Lignano in Italien) einige Teilnehmer selbst einen Ausweg: Sie organisieren gemeinsam mit dem Pfarrer der nächstgelegenen Kirche einen zweisprachigen Gottesdienst, in dem man beispielsweise einige Lieder in Esperanto singt und die Predigt auch auf Esperanto vorgelesen wird.

Heilige Messen in Esperanto gab es auch auf den Katholikentagen 1990 in Berlin, 1992 in Karlsruhe, 1994 in Dresden und 1998 in Mainz, wobei die letzteren beiden von Bischof György Jakubinyi zelebriert wurden. Esperanto-sprachige evangelische oder ökumenische Gottesdienste fanden auch auf den Kirchentagen 1993 in München, 1995 in Hamburg und 1999 in Stuttgart statt.

In verschiedenen Städten (vor allem in Polen, Italien, Deutschland und England) gibt es regelmäßig Gottesdienste in Esperanto, in London sogar schon seit 1912 einmal monatlich. Im Herbst 1991 begann Pfarrer Albrecht Kronenberger, im Dom zu Speyer im zweimonatlichen Rhythmus heilige Messen in Esperanto zu zelebrieren, und in der Stuttgarter Katharinenkirche findet seit 1995 fast in jedem Monat ein ökumenischer Gottesdienst in Esperanto statt. Seit November 1996 werden darüber hinaus auch im Freiburger Münster von Zeit zu Zeit Gottesdienste auf Esperanto gefeiert.

An diese Gottesdienste schließt sich gewöhnlich der Besuch einer Gaststätte, eines Esperanto-Gruppentreffens oder eine Stadtbesichtigung an. Es ist in mehrfacher Hinsicht sinnvoll, solche Gottesdienste anzubieten: Zum einen nehmen oft auch solche Esperanto-Sprecher daran teil, die andernfalls an dem jeweiligen Sonntag keinen Gottesdienst besuchen würden, zum anderen freuen sich Christen aus anderen Ländern, die sich gerade in Deutschland aufhalten, oft darüber, auf diese Weise einen Gottesdienst in einer ihnen verständlichen Sprache besuchen zu können und anschließend mit deutschen Christen zusammen zu sein.

Zeitschriften

Es gibt mehr als ein Dutzend regelmäßig erscheinender christlicher Esperanto-Zeitschriften. Die "Espero Katolika" wird in Rom redigiert und berichtet aus dem Leben der Weltkirche. Sie informiert über Aktivitäten und Botschaften des Papstes, über das Leben der Katholiken in aller Welt und selbstverständlich auch über Veranstaltungen, Publikationen, Fortschritte und Probleme der katholischen Esperanto-Bewegung.

Das protestantische Gegenstück zur "Espero Katolika" ist die Zeitschrift "Dia Regno" - das Bindeglied der KELI, zu der vorwiegend Angehörige reformatorischer Kirchen und der Orthodoxie gehören. Sie berichtet über ökumenische Fragen, das Leben protestantischer Christen in aller Welt und die KELI-Kongresse.

Die Zeitschrift "Dia Regno" erscheint regelmäßig jeden Monat, sieht aber mit ihrem Umfang von acht Seiten eher etwas bescheiden aus. Genau umgekehrt verhält es sich mit der "Espero Katolika": Sie erscheint in unregelmäßigen Abständen etwa sechsmal jährlich, beeindruckt aber oft durch ihren beachtlichen Umfang von bis zu 80 Seiten.

Mitglieder der IKUE oder KELI haben die Möglichkeit, die Zeitschrift des jeweils anderen Verbandes zum halben Preis zu abonnieren. Dies empfiehlt sich für alle Christen, die aktuelle Fragen aus verschiedenen Perspektiven betrachten wollen. Die "Espero Katolika" kennzeichnet derzeit eine unbedingte Treue gegenüber der katholischen Lehre; sie scheint bewußt darauf zu verzichten, kritischen Äußerungen allzu breiten Raum zu gewähren. So wundert es nicht, daß ein niederländisches IKUE-Mitglied seine Übersetzung eines offenen Briefes amerikanischer Katholiken an Papst Johannes Paul II nicht in der "Espero Katolika", sondern vielmehr in "Dia Regno" (Nr. 6/95) veröffentlichte. Und während katholische Esperanto-Zeitschriften nur sehr positiv über die Heiligsprechung von Jan Sarkander berichteten, erinnerte "Dia Regno" (Nr. 5/95) in einem recht ausgewogenen Artikel auch an dessen feindliche Einstellung gegenüber Andersgläubigen. Wirklich lebhafte Diskussionen zu religiösen und weltanschaulichen Fragen finden in Esperanto allerdings in erster Linie in einem internationalen Nachrichtenmagazin statt - in der Zeitschrift "Monato", die in Antwerpen erscheint und in jeder Ausgabe neben aktuellen Reportagen aus aller Welt auch 3-4 Seiten an Leserbriefen veröffentlicht.

Neben "Espero Katolika" und "Dia Regno" gibt es noch einige Zeitschriften von Landesverbänden der IKUE und KELI. In Tschechien erscheint "Dio benu". Diese Zeitschrift ist nicht zuletzt deshalb so lebendig, da in der dortigen IKUE-Sektion auch viele Jugendliche aktiv sind. Weitere Zeitschriften von IKUE-Landesverbänden sind das überwiegend auf italienisch erscheinende "Katolika Sento" und der "Franca Katolika Esperantisto". Unter den KELI-Sektionen haben die englische und die schwedische besonders lesenswerte Mitteilungsblätter.

In Deutschland erscheint viermal jährlich das "Ökumenische Esperanto-Forum" (ÖkEsFo). Es wendet sich in deutscher Sprache an alle, die sich für Esperanto und dessen Anwendung im Dienst des Evangeliums interessieren, auch wenn sie noch nicht zum Lernen der Sprache gekommen sind. Das "ÖkEsFo" wird sowohl in gedruckter Form als auch im Internet veröffentlicht.

Ebenfalls in Deutschland erscheint der Bibel-Rundbrief "Biblia letero Kompaso", herausgegeben von Schwester Theotima Rotthaus OSB in Freiburg. Eine recht anspruchsvolle und lebendige Zeitschrift für vergleichende Religionswissenschaft ist der in Frankreich erscheinende "Asistilo"; sie sei als Beispiel für die zahlreichen nicht spezifisch christlichen Esperanto-Zeitschriften religiösen Inhalts genannt.

Insgesamt gibt es (neben vielen kleinen Mitteilungsblättern) rund 200 regelmäßig erscheinende Esperanto-Zeitschriften. Etwa 10% von ihnen beschäftigen sich in erster Linie mit religiösen Themen. Ähnliches dürfte für die bislang rund 40.000 auf Esperanto erschienenen Bücher und Broschüren gelten. Neben der Bibel sind beispielsweise auch der Koran und die Bhagavad-Gita auf Esperanto erhältlich. Es gibt Esperanto-Übersetzungen zahlreicher Enzykliken (z.B. Ecclesiam Suam) und anderer kirchlicher Dokumente, Biographien von Heiligen (Franziskus, Dominikus, Edith Stein) in Esperanto, neben einer großen Zahl von Gebet- und Gesangbüchern.

Im Jahr 2001 haben IKUE und KELI schließlich ein 1.472 Seiten starkes Gebet- und Gesangbuch unter dem Titel "ADORU" ("Betet an") veröffentlicht, das in 4.000 Exemplaren gedruckt wurde.

Im Jahre 1995 hat die IKUE erstmals einen Videofilm auf Esperanto herausgegeben, einen 55-minütigen Dokumentarfilm über das Grabtuch Jesu ("La mortotuko - signo de nia epoko").

Radio Vaticana

In Deutschland kann man auf Kurz- und Mittelwelle Esperanto-sprachige Rundfunksendungen aus acht Ländern hören - aus China und Polen (jeweils täglich) sowie aus Estland, Italien, Kuba, Litauen, Österreich - und aus dem Vatikan. Seit Januar 1977 sendet Radio Vatikan regelmäßig in Esperanto, zunächst einmal, seit 1981 zweimal und seit Oktober 1998 dreimal wöchentlich. Jeden Sonntag-, Mittwoch- und Donnerstagabend beginnt dort eine Sendung mit den Worten "Estu laudata Jesuo Kristo". Die "Esperanto-Redakcio" informiert über aktuelle Ereignisse in Kirche und Welt, sie stellt päpstliche Dokumente und Reden vor und berichtet über humanitäre Themen, gelegentlich auch über Aktivitäten katholischer Esperanto-Sprecher.

Diese Sendungen finden ein beachtliches Interesse: Alljährlich erhält die Esperanto-Redaktion von Radio Vaticana rund 1000 Zuschriften von Hörern aus aller Welt, eine im Vergleich zur relativ kurzen Sendezeit von ca. 24 Minuten pro Woche überraschend hohe Zahl. Auch Nicht-Katholiken und Nicht-Christen äußern häufig ihre Zufriedenheit mit den Sendungen.

Hier die Sendezeiten und Frequenzen (Stand: Juni 1999): Sonntags 21.20 bis 21.30 Uhr auf Mittelwelle 527 und 1530 kHz sowie Kurzwelle 4005 und 5880 kHz; mittwochs und donnerstags 21.20 bis 21.30 Uhr auf Mittelwelle 1611 kHz und Kurzwelle 7250 und 9645 kHz.

Internet

Papst Johannes Paul II neigt dazu, die neuen Medien wie das Internet als Geschenk des Heiligen Geistes für die Evangelisierung der Welt zu betrachten. Auch katholische und protestantische Esperanto-Specher standen den neuen Kommunikationsmöglichkeiten von Anfang an aufgeschlossen gegenüber; sie haben das Internet schon frühzeitig als nützliches Medium für ihre internationale Korrespondenz entdeckt. Bereits seit 1993 sind die Redaktionen von "Espero Katolika" und "Dia Regno" per E-Mail erreichbar. Auf den IKUE-Kongressen und den katholischen Esperanto-Zeltlagern sind zahlreiche Freundschaften entstanden, die sich seitdem auch durch einen intensiven Gedankenaustausch per Internet vertieft haben; besonders intensive Kontakte bestehen dabei zwischen Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Deutschland und Italien.

Ende 1997 richtete der argentinische Landesvertreter der IKUE, Daniel Cotardo Garchía, im Internet eine spezielle Verteilerliste für Esperanto-sprachige Diskussionen über den katholischen Glauben ein. Seitdem tauschen dort Katholiken aus aller Welt - selbst aus Ägypten und Neuseeland - Meinungen zu religiösen Fragen und Ereignissen aus.

Auch in der Newsgroup "soc.culture.esperanto" kommt es von Zeit zu Zeit zu interessanten Meinungsäußerungen zu theologischen und philosophischen Fragen. Wie gewöhnlich bei den anarchistischen (d.h. nicht moderierten und damit etwas chaotischen) Newsgroups, erfordert es allerdings einen gewissen Aufwand, hier die Spreu vom Weizen zu trennen. In christlichen Foren wie z.B. der moderierten Newsgroup "soc.religion.christian" diskutiert man gelegentlich auf Englisch über Esperanto. Erfreulich ist stets die echte Internationalität Esperanto-sprachiger Newsgroups wie "soc.culture.esperanto", während in den rein Englisch-sprachigen Foren wie "soc.religion.christian" stets die US-Amerikaner dominieren.

Darüber hinaus findet man im Internet umfangreiche christliche Literatur (darunter die gesamte Esperanto-Bibel) sowie aktuelle Informationen über christliche Esperanto-Veranstaltungen. Beispielsweise kann man ausgehend von der Seite http://www.esperanto.de nach Literatur, Veranstaltungen oder christlichen Esperanto-Fachverbänden suchen.

Wohltätigkeit

Wie fast alle kirchlichen Organisationen, so engagieren sich auch IKUE und KELI im karitativen Bereich. Beispiele für Hilfsprojekte, die in den 70er, 80er oder 90er Jahren von ehemaligen oder amtierenden Vorstandsmitgliedern der IKUE ins Leben gerufen wurden, sind die Aussätzigenhilfe von Dr. József Kondór, die Blindenhilfe "Agado E3" von Jacques Tuinder, die Behindertenhilfe von Hansjörg Kindler und die "Kooperativo Espero" in Zaire.

Die beiden letzteren Projekte seien hier kurz vorgestellt:

Im Jahre 1993 erschien im Wiener Verlag "Pro Esperanto" das "Kroata Milita Noktlibro", ein Kriegstagebuch (wörtlich: Kriegsnachtbuch) der Kroatin Spomenka Štimec. Die Autorin beschreibt in diesem Buch, wie in ihre Heimat Haß, Gewalt und Tod einbrachen. Und, einem Apell gleich, läßt sie Menschen zu Wort kommen, die ihre nächsten Angehörigen verloren haben und dennoch zu Frieden und Versöhnung mahnen. Hansjörg Kindler, ein altkatholischer Pfarrer, initiierte eine deutsche Übersetzung des Buches. Es erschien Ende 1994 unter dem Titel "Kroatisches Kriegsnachtbuch" im Verlag Ferdinand Schöningh in Paderborn. Der gesamte Erlös aus dem Verkauf des Buches kam behinderten Kindern in Kroatien zugute. Da der Schöningh-Verlag auf eine Erstattung der Unkosten verzichtete, konnten innerhalb von wenigen Monaten 20.000 DM eingenommen werden. Pfarrer Kindler unternahm mit dem Geld mehrere Hilfstransporte nach Kroatien, wo er behinderten Kindern und deren Eltern Hilfe zur Selbsthilfe leistet.

In einem ganz anderen Teil der Welt ist die Kooperativo Espero aktiv. Sie wurde 1993 in Bukavu, einer zairischen Stadt an der Grenze zu Ruanda, gegründet. Mit mehr als 40.000 $, die die IKUE teils als Kredit, teils als Spende zur Verfügung stellte, errichteten afrikanische Katholiken dort eine Fabrik zur Herstellung von Ziegelsteinen. Ende 1994 lief die Produktion an, und bald darauf konnte der Leiter der Kooperative, Yogelolo Lutombo (der zugleich Landesvertreter der IKUE für Zaire ist) in der Espero Katolika 11-12/95 erfreuliches berichten: "Ihre Hilfe hat 31 Arbeitsplätze geschaffen, die den Lebensunterhalt von 31 Familien sichern, die zuvor sehr litten".

Bemerkenswert ist, daß bei den erwähnten Projekten Esperanto eine doppelte Funktion hat: Einerseits wird in internationalen Esperanto-Zeitschriften über die Aktionen berichtet und zu Spenden aufgerufen, andererseits wird aber auch in allen mit der Hilfeleistung selbst verbundenen internationalen Kontakten Esperanto als Verständigungsmittel verwendet.

Begegnungen

Esperanto bietet seinen Sprechern unzählige Möglichkeiten, Menschen aus anderen Ländern und Kulturen kennenzulernen und Freundschaften über Grenzen hinweg zu schließen. Esperanto-sprechende Christen fühlen sich dabei in doppelter Weise miteinander verbunden, sowohl durch die gemeinsame Sprache als auch durch den gemeinsamen Glauben. Sie haben so einen Vorschuß an Sympathie füreinander, und dies mag erklären, daß die Kontakte unter ihnen besonders herzlich sind.

Die IKUE- bzw. KELI-Kongresse sind nur ein Beispiel für internationale Begegnungen zwischen Gläubigen aus aller Welt. Fast jedes Jahr findet im Sommer ein solcher Kongreß statt. In den letzten Jahren war dies meist ein von beiden Verbänden gemeinsam organisierter "Ekumena Kongreso", doch gelegentlich organisieren IKUE und KELI auch eigene Kongresse. Dort treffen sich zumeist 100 bis 300 Christen aus rund 20 Ländern, um eine Woche lang gemeinsam zu beten, zu singen und zu diskutieren. Zum Programm eines solchen Kongresses gehören auch tägliche Gottesdienste in Esperanto und Vorträge zum Kongreßthema. Daneben gibt es verschiedene Sitzungen, aber auch Ausflüge und ein Unterhaltungsprogramm mit Musikkonzerten, Sketchen jugendlicher Teilnehmer oder Volkstänzen.

Ein bedeutendes Ereignis war der 50. IKUE-Kongreß im Sommer 1997 in Rom und Rimini. Rund 300 Gläubige aus 24 Ländern nahmen daran teil. Im Rahmen dieses Kongresses wurde erstmals eine Heilige Messe auf Esperanto am Hauptaltar des Petersdoms gefeiert; weitere Höhepunkte waren die bereits erwähnte Begrüßung auf Esperanto durch Papst Johannes Paul II sowie - ebenfalls am 3. September 1997 - eine Audienz der Kongreßteilnehmer beim Präsidenten der Republik Italien, Oscar Luigi Scalfaro. Staatspräsident Scalfaro sagte, er sei den Esperantisten besonders dafür dankbar, daß sie nicht nur für den Abbau von Sprachbarrieren eintreten (was an sich noch nicht ausreiche, um Eintracht und Frieden zu schaffen), sondern daß sie auch in vorbildlicher Weise zu Freundschaften, Versöhnung und echtem Verständnis zwischen Menschen aus aller Welt beitragen.

Neben diesen Kongressen finden alljährlich viele Dutzend weiterer Veranstaltungen katholischer oder evangelischer Esperanto-Sprecher statt: Exerzitien in Polen, Wallfahrten in Tschechien, Wochenendtreffen in Litauen oder Rumänien, Zusammenkünfte schwedischer Protestanten. Gelegentlich nehmen internationale Gruppen von Esperanto-Sprechern auch an "allgemeinen" christlichen Esperanto-Veranstaltungen teil, so trafen sich z.B. um die Jahreswende 1991/92 etwa 25 junge Esperanto-Sprecher aus sechs Ländern auf dem großen Taizé-Treffen in Budapest.

Aktuelle Informationen über christliche Esperanto-Veranstaltungen können der Zeitschrift "Ökumenisches Esperanto-Forum" entnommen, im Internet abgerufen oder bei der IKUE bzw. KELI angefordert werden (Adressen im Anhang).

Die Ökumenischen Esperanto-Jugendzeltlager

Auf dem 11. Ökumenischen Esperanto-Kongreß im Sommer 1996 in Szombathely (Ungarn), an dem 25 Jugendliche aus sieben Nationen teilnahmen, wurde beschlossen, alljährlich ein Ökumenisches Esperanto-Jugendzeltlager zu organisieren. Das erste "Junulara Ekumena Esperanto-Tendaro" (JET) fand dann vom 11. bis 18. August 1998 in Unterkirnach im Schwarzwald statt. Rund 60 junge Leute aus sieben osteuropäischen Ländern, aus Deutschland und Ghana diskutierten dort über das Thema "Versöhnung" und Wege zu einer friedlichen Zukunft der Menschheit; sie sangen und beteten auf Esperanto und lernten auf Wanderungen und Radtouren eine der schönsten Gegenden Deutschlands kennen.

Teils wegen des recht großen organisatorischen Aufwands, aber auch wegen des Wunsches, eine gut funktionierende Verständigung einmal an einem Ort zu erleben, wo die Sprachbarrieren zwischen jungen Christen aus aller Welt noch sehr deutlich spürbar sind, entschloß man sich, im Folgejahr kein "separates" Ökumenisches Esperanto-Jugendzeltlager zu organisieren. Das 2. JET fand vielmehr in Taizé statt, wo die Frère Roger gegründete Communauté jeden Sommer Zehntausende junger Menschen aus aller Welt einlädt, um sie zu den Quellen des Glaubens zu führen.

Vom 9. bis 16. August 1998 trafen sich dann neben rund 6.000 Jugendlichen aus aller Welt auch etwa 50 junge Esperanto-Sprecher in dem kleinen Dorf Taizé im Südosten Frankreichs, das als Ort der Begegnung und der Meditation unter Christen in aller Welt bekannt ist. Die Organisatoren der Jugendbegegnungen standen der Idee, daß bei den Gesprächen in Kleingruppen auch Esperanto benutzt wird, sehr aufgeschlossen gegenüber; dennoch kam es zu anfänglichen Schwierigkeiten, da sie auch von den Esperanto-Sprechern eine strikte Aufteilung in Jugendliche unter 30 Jahren, Erwachsene und Familien verlangten und der Empfang der Teilnehmer nach Nationen getrennt vorgenommen werden mußte.

So kam es, daß einige Esperanto-Sprecher mit Jugendlichen zusammen wohnten, die ihnen in der ganzen Woche nur das Wort "Romania" oder "Portugues" sagen konnten. Die erfolgreiche Verwendung des Esperanto in den Gruppengesprächen wußte man somit um so mehr zu schätzen. Auf Grundlage des ins Esperanto übersetzten Briefs "Ungeahnte Freunde" von Frère Roger, der Esperanto-Bibel und der täglichen Aufgabenblätter der Gemeinschaft sprachen Jugendliche aus acht Ländern über religiöse Fragen und persönliche Probleme aus ihrem alltäglichen Leben.

Diese Diskussionen, aber auch die generelle Atmosphäre von Taizé, der Zauber der dortigen Kirche und der Gesänge, machten dieses 2. JET für alle Teilnehmer zu einem unvergeßlichen, bereichernden Erlebnis.

Neben den Ökumenischen Esperanto-Jugendzeltlagern, die auch in Zukunft alljährlich stattfinden sollen (wie z.B. im Sommer 1999 in der polnischen Stadt Gliwice), haben den Autor dieses Buches die Katholischen Esperanto-Zeltlager in Tschechien sehr beeindruckt. Ihnen sei nun das folgende Kapitel gewidmet.

Die Katholischen Esperanto-Zeltlager

"Vekighu, ho dormantoj, jam vokas la kukol'..." ("Wacht auf, ihr Schläfer, der Kuckuck ruft bereits"). Mit Gesang und Gitarrenspiel beginnt allmorgendlich ein neuer Tag auf dem "Katolika Esperanto-Tendaro" in Sebranice. Eine halbe Stunde später findet eine heilige Messe in Esperanto statt, erst danach beginnt das Frühstück. Um 8.30 Uhr ist Zeit für ein morgendliches Antreten ("Matena ordono"), zu der neben der Ankündigung des Tagesprogramms auch das Hissen der IKUE-Flagge gehört. Auch dazu wird ein Lied gesungen, das mit den Worten "Supren flugu niaj flagoj, kolektighu la fratar'" beginnt.

Es folgen Esperanto-Kurse auf mindestens vier verschiedenen Niveaus. In den Konversationskursen diskutiert man auf Esperanto über aktuelle weltliche und religiöse Themen. Die Teilnehmer stellen sich und ihren Weg zum Glauben vor, man spricht über seinen Namenspatron und Heilige (die in unseren östlichen Nachbarländern weit mehr verehrt werden als bei uns), über die Christianisierung der verschiedenen Länder. Tschechische Teilnehmer erzählen vom Religionsunterricht zur Zeit des Kommunismus; man vergleicht, wie man verschiedene Feste in den einzelnen Ländern feiert. Auch der Umweltschutz bietet Stoff für Vergleiche zwischen verschiedenen Ländern, etwa im Hinblick auf Abfallbeseitigung und Wiederverwertung.

An den Nachmittagen beschäftigen sich verschiedene Gruppen mit dem Einüben kirchlicher Lieder in Esperanto oder mit der Bibel; andere Teilnehmer spielen Volleyball oder besuchen das unmittelbar neben dem Zeltplatz befindliche Schwimmbecken. Manchmal gibt es auch Vorträge, etwa von Priestern über das Gebet oder die Ehe; gerade zu dem letzteren Thema haben die Jugendlichen eine Fülle von Fragen.

Abends wird die Flagge eingeholt. "Sun' subiras horizonton, angheluso vokas jam. Turnu penson al chielo, zorgas pri ni Dia am'", singt man dazu. Es folgen Unterhaltungen, Spiele und Gesang am Lagerfeuer.

Um 22.00 Uhr beginnt die "Nokta Silento", die Nachtruhe. Zum Abschluß des Abends bildet man einen großen Kreis, faßt einander mit überkreuzten Armen an die Hände und singt ein aus dem tschechischen übersetztes Lied "Steletoj": "Steloj, adiau nun, dormas mi jam. Kore mi petas vin, tre mi petegas vin, zorgu pri la patrin', pri mia am'." Danach wird ein Händedruck und ein Lächeln weitergegeben, bis man sich schließlich "Bonan nokton" wünscht und auseinandergeht. Einige wenige Jugendliche unterhalten sich noch bei Kerzenschein. Doch bald verstummen auch diese Gespräche.

Wer als Deutscher erstmals auf so ein Zeltlager fährt, ist anfangs unweigerlich von der strengen Tagesordnung überrascht oder gar fast schockiert. Es sei denn, man kennt so etwas schon von Pfadfindertreffen. Doch schnell gewöhnt man sich daran und lernt die Vorteile zumindest des frühen Aufstehens zu schätzen. Es ist einfach vernünftig, den Tag früh zu beginnen, denn auf dem Zeltlager gibt es kein elektrisches Licht.

Überhaupt findet man auf dem Zeltlager keinerlei Luxus. Neben elektrischem Strom vermißt man dort auch fließendes warmes Wasser; die Toiletten haben keine Wasserspülung und befinden sich im Wald. Es ist rührend zu sehen, wie sich Jugendliche aus verschiedenen Ländern trotz der bescheidenen, fast möchte man sagen primitiven Bedingungen auf dem Zeltlager wohlfühlen und miteinander zwei Wochen in einer ausgesprochen herzlichen, warmen Atmosphäre verbringen.

Bereits wenige Monate nach dem Untergang des totalitären Regimes hatte sich der tschechische Landesverband der IKUE wiedergegründet. Nach 14-jähriger erzwungener Unterbrechung organisierte er im Sommer 1991 wieder ein Katholisches Esperanto-Zeltlager - das 10. "Katolika Esperanto-Tendaro" (KET). Der Zeltplatz von Sebranice war dabei nicht zuletzt wegen des günstigen Preises gewählt worden. Man wollte auch Interessenten, die (wie derzeit sehr viele Tschechen und Slowaken) in der Nähe des Existenzminimums leben, die Teilnahme ermöglichen und einige eventuell - wie auch Litauer und Rumänen - dort kostenlos teilnehmen lassen.

Zunächst nahmen nur recht wenige Jugendliche - und unter ihnen fast nur Anfänger - an dem Zeltlager teil. Sie sprachen dort überwiegend tschechisch. Doch in den Folgejahren hatten einige nicht nur ihre Sprachkenntnisse entscheidend erweitert, sie brachten auch ihre Freunde aus ihrer Schule und ihrer Kirchengemeinde mit; andere Jugendliche wurden durch Artikel in Esperanto-Zeitschriften oder als Teilnehmer eines speziellen Esperanto-Fernkurses für Katholiken auf das Zeltlager aufmerksam. Seit dem KET von 1994 gibt es dort einen "Kern" von fließend Esperanto sprechenden Jugendlichen, die sich mit Begeisterung an der Organisation des Zeltlagers beteiligen. Die geistliche Leitung obliegt einigen Patern und Pfarrern; von 1991 bis 1996 waren dies Pater Savio Ricica aus Tschechien und die Pfarrer Lajos Kobor aus Ungarn und Karol Mazur aus Polen. Doch auch für den Bischof von Hradec Králové, Karel Otcenásek, ist es immer wieder eine Freude, das Zeltlager zu besuchen und den Teilnehmern seine Anerkennung für ihr Streben nach Verständigung auszusprechen. Otcenásek besuchte das Zeltlager bereits 1991 und 1993; 1994 und 1995 zelebrierte er dort eine heilige Messe in Esperanto.

Das Zeltlager übt in vielfacher Hinsicht einen positiven Einfluß auf die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen aus. Beata (19) aus Polen hat auf dem Treffen erstmals einen Deutschen näher kennengelernt und erzählt, daß dies ihr Bild von ihren westlichen Nachbarn grundlegend verändert hat; bisher kannte sie die Deutschen nämlich nur aus Kriegsfilmen, und dort wurden sie immer als kalt und grausam dargestellt.

Die Straße von Sebranice nach Litomysl führt an einem Wald aus Sendemasten vorbei. Sie wurden, wie jeder Teilnehmer des Zeltlagers weiß, vom kommunistischen Regime einzig dazu angelegt, um westliche Rundfunksender zu stören. "In meiner Familie haben wir immer 'Radio Freies Europa' gehört", meint Anika (18) aus der Slowakei dazu, "auch wenn es oft nur schlecht zu empfangen war. Wir hatten immer die Zuversicht, daß sich einmal alles ändern würde." Sie stammt aus einer tiefgläubigen Familie: "Meine Eltern haben großen Wert darauf gelegt, daß ich den Religionsunterricht besuche. Da mein Vater Lehrer und meine Mutter Kindergärtnerin war, mußten sie dazu ihren Beruf wechseln. Ich bekam dann im Zeugnis den Vermerk, daß ich am Religionsunterricht teilgenommen habe. Wir alle wußten, daß es mit so einem Vermerk sehr schwer wird, in eine höhere Schule aufgenommen zu werden." Für Anika ist Esperanto nun ein Mittel, um das göttliche Gebot der Nächstenliebe zu verwirklichen.

Anders war die Situation bei Marcela (18) aus Bratislava: "Meine Eltern sind Atheisten. Erst vor zwei Jahren habe ich angefangen, mich für Religionen zu interessieren. Denn ich spürte, daß das materialistische Weltbild, in dem ich aufgewachsen bin, nicht alles erklären kann. Nun bin ich hier, weil ich die katholische Kirche näher kennenlernen möchte. Es hat meine Eltern sehr verärgert, daß ich mich für dieses Zeltlager angemeldet habe."

Ein halbes Jahr nach ihrem Besuch in Sebranice wurde Marcela getauft.

Während religiöse Teilnehmer stets von dem Zeltlager begeistert sind, kehren andere mit gemischten Gefühlen nach Hause. 1993 war Vladislavas aus Litauen noch mit seiner 16-jährigen Nichte Ema auf das Zeltlager gefahren; 1994 erschien er dort allein: "Ema möchte nicht beten, sondern sich vergnügen."

Einige Teilnehmer des Zeltlagers haben auch außerhalb der christlichen Esperanto-Bewegung sehr positive Erfahrungen mit der Sprache gemacht. JiÍi aus Tschechien hat bereits den "Pasporta Servo", den Gastgeberdienst für Esperanto-Sprecher ausprobiert. In jedem Jahr erscheint eine Liste mit inzwischen rund 800 Adressen von Familien und Einzelpersonen aus 70 Ländern, die gern Esperanto-sprechende Gäste bei sich aufnehmen und sie kostenlos bei sich übernachten lassen. Ohne viel Geld auszugeben, hat JiÍi mit dem Pasporta Servo England bereist und dort Land und Leute kennengelernt. Etwa 15 junge IKUE-Mitglieder haben 1996 am Esperanto-Weltkongreß in Prag oder am Esperanto-Weltjugendkongreß in Güntersberge im Harz teilgenommen. Begeistert waren sie dort vor allem von ihren vielen Kontakten zu Afrikanern und Asiaten, denn gerade dort boten sich hervorragende Möglichkeiten, Freundschaften mit Jugendlichen aus anderen Kontinenten zu schließen.

Mit etwas sprachlicher Begabung und Fleiß kann man sich schon nach wenigen Monaten fließend in Esperanto verständigen. Und doch stellt das Lernen dieser Sprache zunächst einmal eine gewisse Hürde dar. Jindra (17) hat einige Monate vor dem Zeltlager aus Neugier einen Esperanto-Fernkurs bestellt und sich so erste Kenntnisse der Sprache erworben. Sie erinnert sich:

Vor dem Zeltlager glaubte ich, daß Esperanto eine tote Sprache sei. Ich konnte es mir nicht als Verständigungsmittel vorstellen. Zum ersten Mal hörte ich Esperanto, als ich auf dem Weg nach Sebranice im Prager Hauptbahnhof Jan und Ladislav traf. Die ersten Sätze verstand ich nicht, doch dann gelang es mir, einzelne Wörter zu erkennen, und schließlich verstand ich sogar. Gut, sagte ich mir, ich verstehe Esperanto. Doch es trat eine neue Schwierigkeit auf: Wie sollte ich die Esperanto-sprachigen Fragen beantworten? Mein Gehirn löste auch dieses Problem: Ich übersetzte schnell aus dem Tschechischen ins Esperanto und aus dem Esperanto ins Tschechische. Das brachte immer irgendein Ergebnis, und anschließend halfen mir die Esperanto-Lektionen in dem Zeltlager, meinen Sprachgebrauch zu verbessern, besonders durch die Konversation. Zum Glück kann ich feststellen, daß ich dank des Unterrichts und der ganzen Esperanto-Atmosphäre sogar auf Esperanto denke. Pavel (28) hat in der Schule nur Russisch gelernt und seine Sprachkenntnisse alsbald wieder vergessen. Im Selbststudium hatte er versucht, Englisch zu lernen, doch ohne nennenswerten Erfolg. Sein Pfarrer regte ihn an, Esperanto zu lernen. Auch dies brauchte seine Zeit, doch schließlich, nach seinem dritten "Katolika Esperanto-Tendaro" konnte er sich fließend darin unterhalten. Schneller ging es bei Andrea (18): Sie spricht nach 6-monatigem Esperanto-Lernen diese Sprache bereits fließend - und besser als Deutsch, das sie vier Jahre lang auf der Schule gelernt hat.

Mit einer gemeinsamen, leicht erlernbaren Zweitsprache kommt man sich auf dem kürzesten Weg entgegen. In Sebranice entstehen Freundschaften, von denen viele ein Leben lang halten werden. Tschechische und slowakische Jugendliche sehen sich nach dem KET meist schon recht bald wieder, denn etwa dreimal jährlich organisieren sie Wochenendtreffen, die zumeist in Pfarrhäusern stattfinden. Teilnehmer aus anderen Ländern müssen zumeist bis zum nächsten Sommer auf das Wiedersehen warten, sofern man sich nicht zwischendurch auf Begegnungen der "allgemeinen" Esperanto-Bewegung trifft.

Gerade weil die christlichen Esperanto-Sprecher eine relativ kleine Minderheit darstellen, bilden sie eine weltweite Gemeinschaft, in der jeder viele Freunde und Bekannte hat. Zumindest in der katholischen Esperanto-Jugend gilt zudem noch, daß in dieser Gemeinschaft auch jeder jeden sympathisch findet. Die Verständigung funktioniert dort im allgemeinen ausgezeichnet, und wer dieser Gemeinschaft treu bleibt, wird auch auf zukünftigen Zeltlagern und Kongressen viele Freunde treffen. Wahrscheinlich sichert bereits dieser praktische Wert den Fortbestand der christlichen Esperanto-Bewegung.

Lediglich ein "Durchsetzen" des Esperanto würde diese Situation grundlegend ändern. Es würde einerseits das jetzige Zusammengehörigkeitsgefühl einer Minderheit schwächen, zugleich aber unzähligen Menschen neue internationale Kontakte und ein grenzüberschreitendes Gemeinschaftsgefühl verschaffen. Diskutieren wir nun die Argumente für und gegen diesen Schritt.


6. Argumente

Das Sprachenproblem

Während des zweiten Vatikanischen Konzils entflammte eine lebhafte Diskussion über die lateinische Sprache. Dabei waren auch sehr positive Stimmen zu hören. Kardinal J. McIntyre aus Los Angeles betonte:

Das Latein hat sich als sehr geeignetes (...) und wirksames Verständigungsmittel erwiesen, das über jedem Nationalismus und über jeglichem politischen Druck steht. Noch heute ist es eine nützliche und universelle Sprache. Doch andere Priester, Bischöfe und Kardinäle äußerten sich dem Latein gegenüber kritisch. So erklärte der indische Geistliche Monsignore F. Simons aus Indore: Es ist nicht wahr, daß das Priestertum das Latein perfekt beherrscht. Oft geschieht es, sogar während der Audienzen des Papstes, daß derjenige, der kein Italienisch oder Französisch spricht, einen Übersetzer zur Hilfe ziehen muß, und viele Bischöfe, die nun am Konzil teilnehmen, benutzen das Latein erstmals. Das Konzil hätte, so wie die großen internationalen Kongresse, für Simultanübersetzungen in die bekanntesten modernen Sprachen sorgen können. Seit vielen Jahren erfolgt die Korrespondenz mit der Römischen Kurie - was man lobt - auch in den modernen Sprachen. Das beweist, daß das Latein nicht unbedingt nötig ist. Die meisten Geistlichen lesen die wichtigsten kirchlichen Dokumente und ausgewählte Werke der Kirchenväter ausschließlich in ihrer eigenen Sprache. Viele wertvolle theologische Werke werden nur in den modernen Sprachen veröffentlicht. Monsignore J.Maalouf aus Ba'albek im Libanon beklagte, daß viele Teilnehmer in den Diskussionen nur unzureichende Lateinkenntnisse besäßen; man hätte sich daher beim Verabschieden wichtiger Texte mehr Zeit lassen müssen. Er selbst sprach französisch und entschuldigte sich, daß sein Latein ziemlich schlecht sei, und wenn er Arabisch spräche, würde ihn sicher die absolute Mehrheit überhaupt nicht verstehen.

Auch Kardinal R. Cushing aus Boston drückte sein Bedauern über die Sprachbarrieren aus:

Ich werde das Konzil nie vergessen! Ich verstand überhaupt nicht, worüber man sprach, denn ich hatte noch nie Reden in Latein gehört. Mir kam das alles spanisch vor! Ich weiß nicht, wieviele Teilnehmer sich in einer ähnlichen Situation befanden. Ich saß zwischen zwei alten, sicher verdienstvollen, italienischen Kardinälen. Sie konnten kein Englisch und ich kein Italienisch. Einen Eindruck über die aktuelle sprachliche Situation im Vatikan bietet ein (auch in ÖkEsFo Nr. 2 abgedruckter) Bericht aus der FAZ vom 27.10.1990 (Heinz-Joachim Fischer) über die Bischofssynode in Rom. Kardinal Ratzinger trägt in geschliffenem Französisch einen Bericht über die Vorbereitung eines Katechismus für die gesamte katholische Kirche vor. (...) Nun ist Kardinal Gantin an der Reihe. Er verliest auf italienisch eine "Mitteilung betreffend das Studium über den theologischen und juristischen Status der Bischofskonferenzen". (...) Dann sind die beiden Kardinals-Referenten zur Befragung freigegeben. Auf italienisch, französisch, spanisch und englisch prasseln die Fragen auf sie ein, mehr auf Kardinal Ratzinger. Deutsch gehört auch zu den offiziellen Synoden-Sprachen, in die 'hinein' simultan übersetzt wird, Latein ebenso, doch da wird nur 'heraus'-übersetzt, vielleicht aus Mangel an Dolmetschern oder an Bedarf. Der Papst und Kardinal Ratzinger setzen nie den Kopfhörer zur Übersetzungshilfe auf, Kardinal Gantin und die meisten bei Latein. Die Bischöfe aus dem deutschsprachigen Raum fragen heute gar nicht. Sie wissen offenbar alles oder, wie manche Synodalen liebevoll vermuten, vieles besser. Wenn das Sprachenproblem im Vatikan nicht allzu akut ist, so ist dies also der Simultanübersetzung und der Vielsprachigkeit zahlreicher Bischöfe zu verdanken. Gänzlich anders verhält es sich jedoch bei internationalen Kontakten zwischen "einfachen" Christen, die sich keinen Übersetzer leisten können und die oft bereits große Schwierigkeiten haben, auch nur eine einzige nationale Fremdsprache fließend zu sprechen.

Wenn heute Kirchengemeinden eine Reise nach Rom oder Assisi unternehmen, so kann es passieren, daß dort nicht ein einziger Teilnehmer ein längeres Gespräch mit einem Italiener hat. Durch die fast ausschließliche Verwendung der deutschen Sprache blieb der 92. Deutsche Katholikentag 1994 in Dresden beinahe eine rein deutsche Veranstaltung. Dort lernten eher Rheinländer und Bayern einander kennen als Deutsche und Tschechen - was umso mehr verwundert, da die sächsische Landeshauptstadt nicht einmal 50 km von der tschechischen Grenze entfernt liegt. Die nicht sehr zahlreichen Gruppen aus Polen, Tschechien oder Litauen blieben auf dem Katholikentag eher unter sich.

Auf den Taizé-Treffen, die den ganzen Sommer über in Frankeich und über Silvester stets in einer europäischen Großstadt stattfinden, erfolgt eine Einteilung in Gruppen meist nach Sprachen und damit mehr oder weniger nach Nationalitäten. Trotzdem kommt es dort zu zahlreichen internationalen Kontakten, die aber nicht zuletzt wegen der sprachlichen Barriere oft oberflächlich bleiben. "Nicht alle konnten sich wirklich untereinander verständigen, um ihre Gefühle, Erlebnisse usw. mitzuteilen", schreibt Pavel Brada in Dio Benu 1/95 über das Taizé-Treffen 1994/95 in Paris.

Interessantes Material über Sprachbarrieren zwischen jungen Deutschen und Osteuropäern bietet ein 1991 vom "Studienkreis für Tourismus" in Starnberg herausgegebenes Buch. Es heißt "Osteuropareisen junger Deutscher vor und nach der politischen Wende" und enthält Berichte, die beim Wettbewerb "Jugend reist" prämiert wurden oder in die engere Wahl kamen.

Eine 16-jährige Berlinerin schreibt dort über ihre Reise nach Ungarn:

Mit unserer Verständigung war es aber leider sehr kompliziert, da wir kein Ungarisch konnten und die ungarische Familie kein Deutsch oder Englisch. Wir haben uns dann eben mit Händen und Füßen verständigt. Dabei gab es natürlich oft Mißverständnisse, über die wir am Ende sehr gelacht haben. (...) Aber ich nahm mir vor, zu Hause gleich ein Wörterbuch zu kaufen und mit der ungarischen Familie und meinem ungarischen Freund in Briefkontakt zu treten. Das tat ich dann auch sofort, aber der Kontakt hielt nicht sehr lange, weil die Sprache einfach zu schwer für mich war. (S. 146) Noch etwas rührender ist ein Bericht von Nicola Kluge über ein Pfadfinderlager in den Bergen Südpolens: Die ersten Probleme tauchen auf, vor allem sprachlicher Art, kaum einer der Pfadfinder spricht eine westliche Fremdsprache so, daß wir uns darin fließend unterhalten könnten. - Ich bin verzweifelt, ich habe so viele Fragen, aber irgendwo spüre ich bei ihnen, vielleicht auch bei mir, eine Barriere, eine Scheu voreinander. Janina versucht mir dann später die Problematik zu erläutern. Sie beruhigt mich, eine Scheu zwischenmenschlicher Art gäbe es bei den jüngeren Generationen eigentlich weniger. Es sei eigentlich eher ein Mangel an Erfahrung und das regelmäßige Praktizieren der in der Schule gelernten Fremdsprachen. (S. 67) Wenn wir Berichte über die DDR ausnehmen, so erwähnen 24 von 33 Artikeln die Sprachbarriere. Nachfolgend seien einige weitere Auszüge zitiert:

"Nach anfänglicher Befangenheit kommen wir trotz Sprachschwierigkeiten ins Gespräch." (S. 55) - "Erste Unterhaltungen begannen in einem interessanten Gemisch aus Deutsch und Englisch. Jeder fragte den anderen aus über Schulsysteme und Hobbys, aber gelacht wurde nur sehr wenig." (S. 121) - "Meine Russisch-Kenntnisse reichen gerade für die grundlegende Verständigung - 'Ich will ..' und 'Wo ist ...' - aber bei weitergehender Konversation läßt mich mein Vokabelschatz recht kläglich im Stich." (S. 126) - "... aber wenn sie (Ost) nur Französisch sprach und sie (West) allenfalls Englisch, dann mußte man sich eben mit Händen und Füßen behelfen." (S. 109) - "Doch in der Regel fand sich immer eine Sprache, in der wir, wenn auch manchmal mühsam und langsam, miteinander reden konnten." (S. 89) - "Auch kamen wir mit den Nachbarn ins Gespräch, da war eine alte Frau, mit der wir uns mit Händen und Füßen verständigten." (S. 94) - "Vielleicht verstand er gar nicht mein gebrochenes Bulgarisch." (S. 84) - "Mein Russisch war wohl zu radebrechend." (S. 85) - "Die Kinder verständigten sich meist mit Händen und Füßen und mit den wenigen englischen Worten, die sie in der Schule gelernt hatten." (S. 135) - "Meine Frage, wie diese Jugendlichen im und zum Staat stehen, scheiterte an ihren begrenzten Englischkenntnissen, vielleicht aber auch an fehlender Motivation." (S. 21)

Die meisten Menschen stimmen heute der Ansicht zu, daß es wünschenswert ist, diese Barrieren abzubauen. Doch nur wenige sind sich bewußt, daß ein durchaus praktikabler, bereits sehr erfolgreich erprobter Weg dorthin in der Verwendung einer neutralen, internationalen Sprache besteht.

Die Vorzüge des Esperanto

Fast alle Argumente für Esperanto lassen sich auf zwei fundamentale Vorzüge dieser Sprache zurückführen - auf die leichte Erlernbarkeit und die Neutralität. Die leichte Erlernbarkeit des Esperanto ist bereits in zahlreichen Schulversuchen untersucht worden. Die Ergebnisse waren stets sehr positiv: Esperanto ist etwa 3- bis 10-mal schneller erlernbar als nationale Fremdsprachen wie Englisch und Französisch. Beispielsweise stellte Prof. Helmar Frank von der Universität Paderborn Anfang der 70er Jahre fest, daß sich deutsche Schüler in Esperanto schon nach 200 Unterrichtsstunden etwa ebenso gut verständigen können wie auf Englisch nach 1500 Stunden.

Die Leichtigkeit des Esperanto wird durch mehrere Faktoren ermöglicht:

  1. Die Regelmäßigkeit: Im Esperanto wird alles so geschrieben wie gesprochen und umgekehrt; es gibt keine unregelmäßigen Verben und keine komplizierten Deklinationen; die Grundgrammatik der Sprache besteht aus nur 16 Regeln. Alles, was logisch ist, ist im Esperanto auch zulässig und richtig.

  2.  
  3. Die Internationalität des Wortschatzes: Es gibt im Esperanto eine Fülle von Wörtern, die für einen beachtlichen Teil der Weltbevölkerung auch ohne Lernaufwand verständlich sind, z.B. telefono, muziko, familio, religio; danci, promeni, diskuti; bela, interesa, simpla usw.

  4.  
  5. Die Wortbildung: Man muß im Esperanto nur relativ wenige Vokalbeln lernen, da man verwandte Wörter oft durch Austausch von Endungen oder Anfügen von Vor- und Nachsilben voneinander ableiten kann. So erhält kann man aus "sukceso" (Erfolg) selbst Wörter wie "sukcesa" (erfolgreich), "sukcesi" (gelingen) oder "malsukcesi" (scheitern) konstruieren, ohne sie explizit lernen zu müssen.
Die leichte Erlernbarkeit wirkt sich auch positiv auf die Freude am Sprachenlernen aus.

Esperanto bietet zudem eine sehr gute Grundlage zum Lernen weiterer Sprachen. Oft wird gesagt, dies gelte auch für Latein, denn auch wer Latein kann, lernt andere Sprachen schneller. Dies ist zweifellos richtig, und doch gibt es hier einen wesentlichen Unterschied: Wer Latein lernt, muß sehr viel "Ballast" auswendig lernen, etwa komplizierte Konjugationen und Deklinationen. Dies erfordert viel Zeit, ist aber für das Erlernen weiterer Sprachen nicht sehr nützlich. Bei Esperanto hingegen braucht man nur wenig auswendig zu lernen; hier wird vielmehr vor allem die Fähigkeit geschult, Wortarten (Substantive, Verben, Adjektive usw.) und die Funktion von Satzteilen im Satz (Subjekt, Prädikat, Objekt usw.) zu erkennen. Gerade dies bedeutet eine große Erleichterung beim Lernen weiterer Fremdsprachen.

Ein Schulversuch in Ungarn in den 60er Jahren hat gezeigt, daß durch einen Esperanto-Unterricht von 200 Stunden beim anschließenden Lernen einer zweiten Fremdsprache 250, 300, 400 oder sogar 500 Stunden eingespart werden können, je nachdem, ob diese zweite Fremdsprache Russisch, Deutsch, Englisch oder Französisch ist. Dies deckt sich etwa mit einem Ergebnis von Prof. Frank aus einem 1975 in Paderborn gestarteten Schulversuch: Ein Sprachorientierungsunterricht von 160 Schulstunden in der Grundschule liefert beim anschließenden Englisch-Unterricht in der Sekundarstufe I eine Lernzeitersparnis von ca. 26%. Auch Prof. Frank betont, daß auf diese Weise wesentlich mehr Zeit eingespart wird, als der Sprachorientierungsunterricht selbst kostet; besonders groß ist die Lernerleichterung bei Hauptschülern. Gerade hier liegt eine große Chance für Esperanto - vorausgesetzt, daß sich Bildungspolitiker einmal ernsthaft mit diesen Ergebnissen auseinandersetzen.

Die gegenwärtige Sprachenpolitik benachteiligt vor allem weniger sprachbegabte Menschen. Ihnen gelingt es meist nicht, auch nur eine einzige Fremdsprache ohne größere Mühe lesen oder sprechen zu können. Die an den Schulen angebotenen Fremdsprachen Englisch und Französisch sind zu schwer erlernbar, und Esperanto-Kurse, wie sie von Volkshochschulen oder Esperanto-Gruppen angeboten werden, erstrecken sich zumeist nur über 10 bis 20 Unterrichtsstunden. Ein Esperanto-Unterricht an Hauptschulen wäre ein Schritt zur Gleichberechtigung; er ermöglicht, daß sich die dortigen Schüler wenigstens in einer einzigen Fremdsprache befriedigend verständigen können und schafft, wie wir gesehen haben, zudem auch günstige Voraussetzungen für den Erwerb von Kenntnissen weiterer Sprachen. Dieses "soziale Argument" für Esperanto wird bislang auch von Esperanto-Sprechern nur relativ selten vorgebracht.

Betrachten wir nun den zweiten Vorzug des Esperanto, die Neutralität. Es war Zamenhofs Ziel, eine Sprache zu entwickeln, die niemanden bevorzugt oder benachteiligt. Esperanto erfüllt diesen Anspruch zwar nicht in perfekter Art und Weise, es kommt diesem Anspruch jedoch unter allen praktikablen Lösungen des Sprachenproblems am nächsten: Die nicht sehr zahlreichen Versuche, eine Plansprache zu entwickeln, die auch afrikanische und asiatische Sprachen stärker berücksichtigt, lieferten schließlich ein Gemisch, das niemandem so recht gefiel.

Entscheidend ist, daß beim Lernen des Esperanto jeder einen Schritt auf den anderen zugeht. Jeder muß diese Sprache erst einmal lernen, und das schafft leicht ein Klima der Toleranz für diejenigen, die Esperanto noch nicht so gut sprechen. Bei Diskussionen in Esperanto ist niemals jemand allein wegen seiner Herkunft seinem Gesprächspartner überlegen.

"Willst du Frieden schaffen, schaffe Gerechtigkeit", lautet ein auf Jesaja 32,17 zurückgehendes Sprichwort. Auch internationale Organisationen wie die UNO oder die EU scheinen dies erkannt zu haben, denn sonst hätten sie sich aus rein pragmatischen Gründen auf die Verwendung des Englischen oder Französischen als einziger Amtssprache beschränkt.

Doch die Vielsprachigkeit hat ihre Kosten. In einem Artikel aus dem Spiegel vom 27.06.1988 heißt es:

Etwa 3000 Sprachkundige leben als beamtete oder frei arbeitende Dolmetscher, Übersetzer und Sekretärinnen vom Euro-Babylon. Über eine Milliarde Mark, etwa ein Drittel des Kommissionshaushaltes, kostet die alltägliche Überwindung der Sprachgrenzen in der Gemeinschaft. "Es ist der Preis", so Kommissionspräsident Jacques Delors, "den wir für Europa zahlen müssen." Inzwischen hat die EU bereits 11 Amtssprachen, und es wird immer offensichtlicher, daß diese keineswegs gleichberechtigt sind. Inzwischen scheut man sich in Brüssel beispielsweise nicht mehr, Informationen über EU-Stipendien nur noch auf Englisch herauszugeben und die Bewerber zu bitten, auch ihre Anträge "preferably in English" zu schreiben. Eine echte sprachliche Gleichberechtigung ist eben auf konventionelle Art und Weise in der Praxis nicht realisierbar.

Die Neutralität des Esperanto kann zur Chancengleichheit zwischen den einzelnen Völkern, aber auch zwischen armen und reichen Menschen einen Beitrag leisten. Vor allem in Entwicklungsländern senden reiche Eltern ihre Kinder oft nach England oder Amerika auf ein Internat oder eine Universität, damit diese dort (unter anderem) gutes Englisch lernen, was ihnen später im Berufsleben deutliche Vorteile bringt. Eine Sprache, die auch Afrikaner und Asiaten in ihrer Heimat gut erlernen können, wäre hingegen ein Schritt zur Gleichberechtigung.

Wenden wir uns nun dem kulturellen Aspekt zu. Auch hier kann Esperanto zur Gleichberechtigung beitragen. Gegenwärtig besteht zwischen den USA und dem Rest der Welt eine Situation, die man, leicht übertrieben, als kulturelle Einbahnstraße bezeichnen kann: Amerikanische Literatur, vor allem aber amerikanische Filme und Musik finden weltweite Verbreitung, die amerikanische Denk- und Lebensweise dringt so mehr oder weniger stark in das Leben anderer Völker ein, während der umgekehrte Einfluß schwach bleibt. Die weite Verbreitung des Englischen begünstigt diese Entwicklung entscheidend. "Englisch ist das trojanische Pferd Amerikas in Europa", warnte der Karlsruher Romanist Prof. Otto Back 1992 auf dem Heidelberger Kongreß "Bildung und Erziehung in Europa". Er fand nicht viel Zustimmung für diese These. Doch sollten wir uns stets vor Augen halten, daß es auch eine Lösung des Sprachenproblems gibt, bei der der kulturelle Austausch in alle Richtungen geht. Esperanto nimmt niemandem etwas weg; es bereichert die Menschheit vielmehr zusätzlich mit einer neuen, internationalen Kultur, die mit wachsender Verbreitung dieser Sprache eine gewisse Eigenständigkeit erwirbt.

Tiefere Überlegungen

Nachfolgend sei noch etwas näher untersucht, welchen Nutzen Esperanto der Menschheit und der Kirche bringen kann. Hier sei zunächst erwähnt, daß die Fähigkeit, über Ländergrenzen hinweg gut zusammenzuarbeiten, günstige Voraussetzungen für die Lösung gemeinsamer, grenzüberschreitender Probleme schafft, etwa im Bereich des Umweltschutzes. Doch auch in der Entwicklungshilfe und in der Mission kann Esperanto wertvolle Dienste leisten. Letzteres nutzt bislang vor allem die Bahai-Religion, die sich in attraktiven, farbigen Esperanto-sprachigen Broschüren als moderne Antwort auf die Fragen und Probleme der Menschen darstellt. Nicht selten besuchen "Bahais" Esperanto-Veranstaltungen, wo sie mit missionarischem Eifer von ihrer Religion berichten, die auch dem Esperanto positiv gegenübersteht. Zwar weniger in westlichen Ländern, wohl aber in ehemals kommunistischen Staaten wie Ungarn und Rußland konnte die Bahai-Religion zahlreiche zuvor meist konfessionslose Esperanto-Specher für sich gewinnen.

Unter Katholiken und Protestanten ist der "missionarische Eifer" heute weniger ausgeprägt. Darum ist die Zahl der Menschen, die in erster Linie dank Esperanto formal zum christlichen Glauben übergetreten sind, nicht sehr groß. Und doch gibt es zahlreiche Menschen, die sich aufgrund ihrer Kontakte zu Esperanto-sprechenden Gläubigen erstmals näher für den christlichen Glauben interessiert haben oder deren formal bereits bestehender Glaube sich durch die Teilnahme an christlichen Esperanto-Veranstaltungen entscheidend vertieft hat.

Auch künftig wird es für christliche Missionare in Afrika oder Asien nahezu unentbehrlich sein, die entsprechenden Landes- oder Stammessprachen zu beherrschen. Doch unter denjenigen Menschen, die vom Esperanto begeistert sind, stellt diese Sprache ein ideales Medium dar, um sie für den christlichen Glauben zu interessieren.

In seinem hohepriesterlichen Gebet (Joh 17) bittet Jesus Gott um die Einheit der Gläubigen. Esperanto ist ein geeignetes Hilfsmittel, um diese Einheit zu fördern. Eine gemeinsame Sprache schafft leicht ein Zusammengehörigkeitsgefühl, und dies gilt insbesondere für Esperanto als einer Sprache, hinter der gerade die Idee der Verständigung und Versöhnung zwischen den Völkern steht. Esperanto trägt dazu bei, ein Gefühl der Verbundenheit, der Solidarität und Hilfsbereitschaft über Grenzen hinweg zu schaffen. Die IKUE erklärt in ihrer Satzung ausdrücklich, daß sie mittels Esperanto danach streben will, "daß alle eins seien" (Joh 17,21).

Ein tiefes Anliegen Jesu besteht auch darin, daß die Menschen Frieden untereinander haben (vgl. dazu etwa Mk 9,50). Schon sieben Jahre nach der Veröffentlichung des Esperanto wies der Dichter Leo Tolstoj auf den Wert des Esperanto in diesem Zusammenhang hin:

Ich habe viele Male gesehen, daß sich Menschen zueinander nur infolge des mechanischen Hindernisses einer gegenseitigen Verständigung feindlich verhielten. Und daher ist das Studium des Esperanto ohne Zweifel ein christliches Werk, das an der Schaffung des Gottesreiches mitwirkt, einem Werk, das die wichtigste, die einzige Bestimmung des menschlichen Lebens bildet. Wenn auf Esperanto-Treffen beispielsweise junge Deutsche und Polen einander begegnen, so ermöglicht ihnen die gemeinsame Sprache, rasch miteinander vertraut zu werden und Freundschaften zu schließen. Mißtrauen und Vorurteile werden überwunden, Unrecht aus vergangenen Zeiten spielt dann keine Rolle mehr.

Bereits heute gibt es unter Esperanto-Sprechern ein dichtes Netz persönlicher Beziehungen über Grenzen hinweg. Dies trägt zum Abbau von Ausländerfeindlichkeit und zum Frieden bei. Wer viele Freunde im Ausland hat, erweitert seinen Horizont und wird Differenzen zwischen politischen Systemen und Konflikte auch aus der Perspektive der anderen Seite betrachten. Ein Beispiel möge dies erläutern:

Auf dem Internationalen Seminar der Deutschen Esperanto-Jugend 1988/89 in Traben-Trarbach hielt die junge Russin Inna Vozlinskaja einen Vortrag über Perestroika. Als sie dort jemand fragte, wie sie über das Streben der baltischen Staaten nach Unabhängigkeit denke, antwortete sie mit dem, was sie wohl auf der Schule gelernt hat: "Wir, die Russen, haben diesen Ländern sehr geholfen, und nun wollen sie sich auf einmal von uns trennen. Das ist ungerecht. Wenn ihr einen Freund habt, dem ihr helft, und der euch dann verläßt, dann findet ihr das doch auch nicht gut." Ein Ungar, in dessen Land ja damals bereits volle Meinungsfreiheit herrschte, entgegnete ihr daraufhin: "Ich glaube, daß die baltischen Staaten diese Hilfe nicht allzu sehr erbeten haben."

Je häufiger so ein internationaler Meinungsaustausch ist, desto gründlicher werden nationale Standpunkte und einseitige Betrachtungsweisen verschwinden.

Gerade während des Kosovo-Konflikts im Frühjahr 1999 konnte Esperanto eine gewisse Funktion als Mittler bei kriegerischen Auseinandersetzungen erfüllen. Serbische Jugendliche schrieben per E-Mail ihre Esperanto-sprechenden Freunde in aller Welt an, um Mitgefühl für das Leiden der jugoslawischen Bevölkerung unter den Luftangriffen und Verständnis für die Ablehnung des Vertrags von Rambouillet durch Jugoslawien zu wecken, aber auch, um Meinungen aus anderen Ländern kennenzulernen. Aufgrund der persönlichen, freundschaftlichen Beziehungen nahm jeder die Meinung der anderen Seite recht ernst, so daß z.B. ein Belgrader Student sehr bald auch die Worte "Mi hontas pro la krimoj de miaj samlandanoj" ("Ich schäme mich für die Verbrechen meiner Landsleute") ins Ausland schickte.

Schließlich sei noch erwähnt, daß die Esperanto-Kultur sehr auf Frieden angelegt ist. Wenngleich wir auch unter Esperanto-Sprechern verschiedene Weltanschauungen und verschiedene politische Ansichten finden, so liegt es ihnen im allgemeinen doch sehr am Herzen, den Weg zur Verständigung zu ebnen, statt Konflikte mit Waffengewalt zu lösen. Schüler, die sich näher mit Esperanto befassen, lernen unweigerlich auch ein wenig den "Homaranismus" Zamenhofs kennen, und das ist einer friedlichen Zukunft der Menschheit sicher förderlicher als das Lesen von Caesars "Gallischem Krieg" im Lateinunterricht.

Einwände

Als Esperanto-Sprecher begegnet man nur vereinzelt negativen Äußerungen über die Internationale Sprache. Hat man selbst sehr positive Erfahrungen mit Esperanto gemacht, so wird dies im Kreis von Freunden, Bekannten und Verwandten zumeist auch akzeptiert und respektiert. Gelegentlich findet man sogar jemanden, der selbst Lust bekommt, Esperanto zu lernen.

Über eine allzu negative öffentliche Meinung über Esperanto kann man sich heute kaum beklagen - wohl aber darüber, daß nur recht selten wirklich ernsthaft und offen über Auswege aus dem Sprachenproblem diskutiert wird. In der EU spricht man derzeit sehr viel über eine gemeinsame Währung als einen wichtigen Schritt zum wirtschaftlichen Zusammenwachsen Europas. Für die Frage, was man dafür tun könnte, damit Europa auch in menschlicher Hinsicht zusammenwächst, scheinen sich unsere Politiker weniger zu interessieren.

Im kirchlichen Bereich sieht es nicht viel anders aus. Auf den beiden Europäischen Ökumenischen Versammlungen in Basel (15.-21. Mai 1989) und Graz (23.-29. Juni 1997) zu den Themen "Frieden und Gerechtigkeit" und "Versöhnung - Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens" hätten Diskussionen über Esperanto durchaus in das Programm gepaßt - und doch hatten deren Organisatoren dieses Thema nicht vorgesehen, was Pastor Adolf Burkhardt im Ökumenischen Esperanto-Forum Nr. 23 (1996) wie folgt kommentiert:

Friede, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung sind seit der 1. Europäischen Versammlung 1989 in vieler Mund. Kulturelle und speziell sprachliche Gerechtigkeit wurde jedoch aus naheliegenden Gründen von Basel 89 bis Graz 97 völlig ausgeklammert. Man ist offenbar der Meinung, darüber könne man ebenso wenig ernsthaft diskutieren wie über das Wetter - was naturgegeben ist, bleibt eben ungleich und entzieht sich der Gerechtigkeit. Menschen, die dem Esperanto negativ gegenüberstehen, haben zumeist auch kein Interesse daran, sich diese Sprache näher anzuschauen. Dies mag vielleicht erklären, daß negative Äußerungen über Esperanto zumeist ein geringes Maß an Kompetenz erkennen lassen. Man kann ohne Übertreibung behaupten, daß es zumindest in Deutscher Sprache keine ernstzunehmende Argumentationsschrift gegen Esperanto gibt. Allerdings findet man gelegentlich in Zeitungen, Zeitschriften oder Büchern Artikel mit - meist nur kurzen - negativen Bemerkungen zu Esperanto. Nachfolgend seien einige solcher Bemerkungen zitiert.

Im FAZ-Magazin vom 4. März 1994 schrieb Karin Frank-Cyrus, die Geschäftsführerin der Gesellschaft für Deutsche Sprache in Wiesbaden:

Eine Sprachgemeinschaft muß neues akzeptieren, das heißt, eine gewachsene Sprache ändert sich nach ihren eigenen Regeln. Esperanto: Diese Kunstsprache hat nie funktioniert und wird auch nicht funktionieren. Am 24. Mai 1995 druckte etwa jede zweite deutsche Zeitung eine dpa-Meldung ab, in der es heißt: "Wir wollen kein Esperanto-Europa, sondern ein Europa, in dem alle ihre Identität bewahren." Mit diesen Worten wandte sich Bundeskanzler Helmut Kohl gestern auf seinem Besuch in den Niederlanden gegen eine kulturelle Vereinheitlichung. In einem Artikel "Die Sprachen der Welt" schrieb Christa Kroha im Katholischen Digest 11/1995: Wie die lebendige Sprachkraft bisher wirkte und willkürliche Sprachkonstruktionen mit Mißtrauen belegte, zeigt ein Blick auf die Kunstsprachen. Zu Beginn des technischen Zeitalters traten von Volapük bis Esperanto alle möglichen Kunstsprachen auf. Esperanto, dessen System von einem polnischen Augenarzt begründet wurde, heißt "Hoffnungssprache" und besteht aus lateinischen, romanischen und englischen Elementen, die oft willkürlich vereinfacht und gekoppelt wurden. Als übergeordnete Weltsprache sollte sie der internationalen Kommunikation dienen. Die anfängliche Begeisterung erschöpfte sich bald in Hobbypflege und Sektiererei, wahrscheinlich weil der Mensch die natürliche, gewachsene Sprache der konstruierten vorzieht. Weniger aktuell, aber nicht weniger interessant ist die Meinung von Karl Rahner aus seiner bereits zitierten Schrift "Über das Latein als Kirchensprache" von 1962: Dennoch kann und wird für alle das Latein die gegebene Verkehrssprache bleiben. Denn man kann sich praktisch keine andere denken. Die Kirche hat nämlich keinen Grund, der ersichtlich wäre, eine künstliche Sprache wie etwa das Esperanto zu schaffen oder zu übernehmen; sie hat auch keinen Grund, eine der großen lebenden Weltsprachen, wie etwa das Englische, zu ihrer eigenen internationalen Verkehrssprache zu machen. Beides ist nicht angezeigt, weil die künstliche Sprache den Bedürfnissen der Kirche nicht besser dienen könnte als die alte und schon verkirchlichte Sprache ihrer Vergangenheit, eine moderne Weltsprache aber heute weniger als etwa vor hundert Jahren das Französische oder Englische Aussicht hat, von allen Völkern der Kirche gern und erfolgreich als gemeinsames Verständigungsmittel gehandhabt zu werden. In der Zeitschrift "EG-Magazin" vom Oktober 1987 heißt es: Eine Kunstsprache wie Esperanto halten nur sehr wenige für eine Lösung des Problems. Sprache sei etwas, das anhand von Geschichte entstanden sei, entsprechend würde einer Kunstsprache die Seele fehlen. Etwas ausführlicher kritisiert der Journalist Wolf Schneider das Esperanto im NZZ-Folio, der monatlichen Beilage der Neuen Zürcher Zeitung, vom Oktober 1994: Gemeinsam ist dem Esperanto und allen anderen Kunstsprachen, die je zusammengebastelt werden könnte, daß ihnen außer der Macht auch die Wärme fehlt, und selbst ihre strikte Logik geht uns im Grunde auf die Nerven.

Kunstsprachen bieten keine Kinderlieder und keine Verse an, keine Flüche, keine Witze, keine Redensarten. Ihre Wörter sind eindeutig und folglich einschichtig, sie haben keine Aura und keine Tiefe.

Hans-Joachim Störig erwähnt in seinem Buch "Abenteuer Sprache" (Langenscheidt, München 1987) drei Nachteile von Plansprachen: 1. Die bisherigen Entwürfe sind ganz überwiegend eurozentristisch.

2. Der Gesichtspunkt der leichten Sprechbarkeit für alle ist ungenügend berücksichtigt.

3. Der dritte, vielleicht am schwersten wiegende Punkt der Bilanz (...) besteht in der Feststellung, daß die Menschheit hundert Jahre nach dem Auftreten von Volapük und Esperanto dem Zustand, daß sich eine Plansprache weltweit durchsetzt, kaum nähergekommen ist - ungeachtet allen Eifers und guten Willens der Anhänger dieser Idee.

Mit diesen Zitaten sind die Einwände, die gewöhnlich gegen Esperanto vorgebracht werden, weitgehend abgedeckt. Versuchen wir nun, auf sie einzugehen.

Antworten

Den Einwänden von Karl Rahner, Helmut Kohl, Christa Kroha und Karin Frank-Cyrus liegt offenbar eine Unkenntnis über die Vorzüge, Ziele und gegenwärtige Anwendung des Esperanto zugrunde. Unkenntnisse dieser Art sind leider immer noch weit verbreitet.

Der These, Esperanto sei keine vollwertige Sprache, stellt der Philosoph Rudolf Carnap (1891-1970) eigene Erfahrungen entgegen. In seinem Buch "Mein Weg in die Philosophie" (Reclam, Stuttgart 1993) lesen wir:

Als ich etwa vierzehn war, fiel mir eine kleine Broschüre mit dem Titel "Die Weltsprache Esperanto" in die Hände. Ich war sofort begeistert von der Regelmäßigkeit und dem genialen Aufbau dieser Sprache, die ich begierig lernte. Als ich wenige Jahre später einen internationalen Esperanto-Kongreß besuchte, kam es mir wie ein Wunder vor, als ich merkte, wie leicht es mir fiel, den Reden und Diskussionen auf den großen, öffentlichen Sitzungen zu folgen und in der persönlichen Unterhaltung mit Ausländern aus vielen Ländern zu sprechen, während ich eine Unterhaltung in den Sprachen, die ich jahrelang auf der Schule gelernt hatte, nicht zustande brachte. Ein Höhepunkt des Kongresses war eine Aufführung von Goethes Iphigenie in Esperanto. Mir war es eine bewegende und erhebende Erfahrung, dieses Drama, durchdrungen vom Geist der Menschlichkeit, in einem neuen Medium ausgedrückt zu hören, das es Tausenden von Zuschauern aus vielen Ländern verständlich machte, so daß sie sich geistig zusammengehörig fühlen konnten.

Nach dem ersten Weltkrieg hatte ich mehrfach Gelegenheit, Esperanto in der Praxis zu erleben. Die umfassendste Erfahrung machte ich 1922 auf einem Esperanto-Kongreß in Helsingfors in Finnland. Dort machte ich die Bekanntschaft eines bulgarischen Studenten; vier Wochen lang waren wir fast ständig zusammen und wurden enge Freunde. Nach dem Kongreß reisten wir per Anhalter durch Finnland und die neuen baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen. Wir wohnten bei gastfreundlichen Esperantisten und kamen mit vielen Leuten in Kontakt. Wir unterhielten uns über alle möglichen Probleme des öffentlichen und persönlichen Lebens, immer, selbstverständlich, in Esperanto. Uns war diese Sprache nicht bloß ein System von Regeln, sondern einfach eine lebende Sprache. Nach solchen Erfahrungen kann man die Argumente derjenigen nicht sonderlich ernstnehmen, die behaupten, eine internationale Hilfssprache könne ja für Geschäftsangelegenheiten und vielleicht noch die Naturwissenschaft taugen, sei aber kein geeignetes Kommunikationsmittel für Persönliches, für Diskussionen in den Sozial- und Geisteswissenschaften, ganz zu schweigen von Romanen und Dramen. Ich stellte fest, daß die meisten, die so etwas behaupten, keinerlei praktische Erfahrung mit dieser Sprache hatten.
 

Auf die Meinung, dem Esperanto würde "die Seele fehlen", antworten Esperanto-Sprecher gelegentlich damit, daß Esperanto "aus dem kulturellen Erbe der europäischen Sprachen" entwickelt wurde; ihm würde daher "der Geist der europäischen Kultursprachen" innewohnen. Wer Esperanto fließend spricht und anwendet, kann sich darin ebenso zu Hause fühlen wie in seiner Muttersprache. Die genaue Bedeutung eines Esperanto-Wortes oder Ausdrucks hängt schon seit langem nicht einfach von der Logik oder irgendwelchen Referenzsprachen ab, sie hat sich vielmehr durch die langjährige Benutzung der Sprache in allen Lebensbereichen herausgebildet. Ebenso wie in den Nationalsprachen, so haben auch im Esperanto unzählige Ausdrücke eine gewisse Vielschichtigkeit - etwa, weil sie auf bekannte Zitate aus der Esperanto-Literatur anspielen.

Gerade wer Briefkontakte mit christlichen Esperanto-Sprechern in anderen Ländern hat, spürt häufig, daß auch aus Esperanto-sprachigen Briefen eine gewisse Herzlichkeit und Wärme herausstrahlt - oft in größerem Maße, als wenn der Schreiber eine andere Fremdsprache gewählt hätte, denn gerade Esperanto besitzt eine hohe Flexibilität in Wortbildung und Satzbau und kann zudem nach gleichem Lehraufwand sehr viel besser beherrscht werden.

Sogar bei Gedichtsübersetzungen geht oft nicht sehr viel vom Zauber des Originals verloren. Erfolgreich ins Esperanto übertragene Gedichte von Goethe, Eichendorff, Rilke und weiteren deutschen Dichtern findet man beispielsweise in der Sammlung "Tra(nskon)dukoj" von Guido Holz; original und Übersetzung stehen dort jeweils einander gegenüber. Auch zahlreiche Kirchenlieder sind mit großem Geschick ins Esperanto übersetzt worden. Als Beispiel sei das im Anhang abgedruckte Lied "Von guten Mächten wunderbar geborgen" ("Sub shirm= mirinda de potencoj bonaj") erwähnt. Wie das Original, so kann auch die Esperanto-Übersetzung (oder besser: -Nachdichtung) von Adolf Burkhardt den Menschen als Quelle von Zuversicht und Mut dienen.

Wenden wir uns nun den Einwänden von Hans-Joachim Störig zu. Dem Einwand, der "Gesichtspunkt der leichten Sprechbarkeit für alle" sei "unzureichend berücksichtigt worden" läßt sich entgegnen, daß Esperanto in jedem Fall wesentlich leichter aussprechbar ist als Englisch. Die Sprache hat 28 Buchstaben, die immer etwa gleich ausgesprochen werden. Die Vermeidung bestimmter Laute, etwa des "h", das im Esperanto niemals stumm ist, oder des "r", das möglichst als gerolltes Zungenspitzen-r ausgesprochen werden sollte, wäre mit Nachteilen bei der Erkennbarkeit bestimmter Wortwurzeln wie "hund'" oder "rand'" erkauft worden.

Mehr Beachtung verdient die Bemerkung, Esperanto sei eurozentrisch. Es ist in der Tat wahr, daß sich der Wortschatz und auch die Grammatik des Esperanto an den indoeuropäischen Sprachen orientieren. Während einige Sprachwissenschaftler sich bemühen, Parallelen zwischen dem Esperanto und asiatischen Sprachen aufzuzeigen, betrachten andere diese Versuche als nicht sehr überzeugend. Zamenhof selbst beherrschte nur eine einzige nicht-indoeuropäische Sprache (das Hebräische), und die rund 1000 Esperanto-Wörter außereuropäischen Ursprungs wie "tomato", "bazaro" oder "kimono" sind in gewisser Hinsicht doch den europäischen Sprachen entnommen worden.

Fragt man allerdings, welche Alternativen in der Verständigung zwischen Europäern und Afrikanern oder Asiaten bestehen, so wird rasch offensichtlich, daß es keine praktikable gerechtere Alternative gibt. Nur wenige Europäer sind bereit, eine asiatische Sprache zu lernen, und da eine wirklich funktionsfähige und attraktive Plansprache, die außereuropäische Sprachen stärker berücksichtigt, nicht zur Verfügung steht, ist Esperanto hier in erster Linie eine Alternative zum Englischen und Franzosischen.

Nach einem Gutachten, das 1922 für den Völkerbund erstellt wurde, können Schüler in Fernost Esperanto in zwei Jahren Unterricht mit zwei Wochenstunden lernen, während für den Erwerb von anderen europäischen Sprachen sechs Jahre mit vier bis fünf Unterrichtsstunden erforderlich sind. Wenngleich diese Zahlen vielleicht etwas übertrieben sind (sie beruhen auf Angaben von Esperanto-Lehrern), so legen sie doch nahe, daß Esperanto nicht nur in der Verständigung unter Europäern ein zweckmäßiges Verständigungsmittel ist - eine Erfahrung, die auch viele Europäer beispielsweise auf den Esperanto-Weltkongressen 1986 in Peking oder 1994 in Seoul gemacht haben.

Als letztes sei der Einwand diskutiert, Esperanto habe keine Chance, sich durchzusetzen. Diese Einstellung ist ausgesprochen pessimistisch. Nach wie vor gibt es beachtliche Sprachbarrieren auf der Welt, und darum ist die Idee, sie mit Esperanto abzubauen, unverändert aktuell. Nahezu alle positiven Veränderungen auf dieser Welt - sei es die Erfindung der Eisenbahn oder der Fall der Berliner Mauer - verdanken wir Menschen, die nicht einfach mit dem Strom schwammen, sondern sich Ziele setzten und mit Optimismus und Ausdauer für deren Verwirklichung arbeite-ten. "Wenn in der Welt die Pessimisten das Sagen hätten, würden die Menschen noch in Höhlen leben", schreibt der brasilianische Esperantist Walter Francini in seinem Buch "Esperanto sen antaujughoj" ("Esperanto ohne Vorurteile").

Fragt man heute Esperanto-Sprecher, ob sie daran glauben, daß sich Esperanto einmal durchsetzt, so erhält man die verschiedensten Antworten. Einige beantworten die Frage mit "ja"; sie glauben, daß sich das Sprachenproblem in Zukunft noch weiter verschärfen wird und sich die Menschheit schließlich geradezu zwangsläufig auf Esperanto besinnt. Andere verweisen auf die weite Verbreitung des Englischen und halten Esperanto bloß für ein interessantes und nützliches Verständigungsmittel einer Minderheit. Die reifste Antwort könnte aber vielleicht die folgende sein:

"Ich weiß nicht, ob sich Esperanto einmal durchsetzen wird, denn ich kann die Zukunft natürlich nicht vorhersehen. Aber ich halte dies für möglich und für wünschenswert. Und darum arbeite ich dafür."


7. Perspektiven

Martin Luther soll einmal gesagt haben: "Und wenn ich denn wüßte, daß morgen die Welt untergeht, so pflanzte ich doch heute mein Apfelbäumchen." Es ist merkwürdig, daß viele Menschen diese Aussage mit einem gewissen Respekt betrachten, während andererseits bislang fast jeder denkt "Nur wenn ich ganz sicher wüßte, daß es sich morgen durchsetzt, würde ich heute Esperanto lernen."

Und doch gibt es Menschen, die, gleichsam als Akt christlicher Nächstenliebe, sich nicht nur mit den Sprachen befassen, die ihnen persönlich die meisten Vorteile bieten, sondern auch mit einer Sprache, die der Menschheit den größten Nutzen bringen kann. Wer Gutes tut, bemerkt nicht selten später, daß er damit letztlich auch sich selbst einen Gefallen getan hat. Ähnlich verhält es sich auch mit Esperanto. Auf den ersten Blick mag es scheinen, daß einem diese Sprache im Alltag und im beruflichen Fortkommen nicht sehr hilfreich ist. Wer jedoch Esperanto anwendet, spürt schon bald einen vielfältigen Nutzen dieser Sprache. Der Autor dieses Buches hat sich dank persönlicher Kontakte zu jungen Esperanto-Sprechern bei Auslandsaufenthalten in Cambridge und Budapest ebenso heimisch gefühlt wie in Deutschland; die Sprache hat ihm privates Glück verschafft und damit auch zu beruflichem Erfolg beigetragen.

Viele Menschen erleben Esperanto als eine sehr positive Bereicherung ihres Lebens. Die Sprache verschafft ihnen eine Fülle netter und tiefer zwischenmenschlicher Beziehungen..

Daß sich bislang nur relativ wenige Menschen mit ihrer Arbeit oder einer Spende für Esperanto einsetzen, mag auch daran liegen, daß es noch unzählige andere Gebiete gibt, auf denen man sich engagieren kann. Der Hunger in der dritten Welt macht uns zurecht mehr betroffen als die Sprachbarrieren. Und doch läßt sich die Meinung rechtfertigen, daß neben anderen Projekten auch Esperanto eine Unterstützung verdient - nicht zuletzt deshalb, weil hier im Grunde nur einmal eine Lawine zum Rollen gebracht werden muß. Auch die Kirche kann dabei behilflich sein.

Wir haben gesehen, daß bereits viele Päpste, Kardinäle und Bischöfe freundliche Worte an Esperanto-Sprecher gerichtet haben. Selbst der heilige Pater Maximilian Kolbe ermutigte 1937 Studenten am Priesterseminar der Franziskaner in Niepokalanów mit den Worten: "Eure Teilnahme an der Esperanto-Bewegung gefällt der Unbefleckten." Noch erfreulicher wäre es, wenn kirchliche Institutionen und Würdenträger alle Christen offen zum Lernen des Esperanto ermutigen würden. Ein solches Eintreten der Kirche für Esperanto kostet nichts und würde der Sprache einen bedeutenden Zuwachs an Bekanntheit und Beliebtheit einbringen - nicht nur in Ländern mit besonders religiöser Bevölkerung wie der Slowakei, Polen oder Irland, sondern durchaus auch bei uns in Deutschland.

Vielleicht kann bereits eine Verdoppelung des Interesses am Esperanto dieser Sprache zum Durchbruch verhelfen. Heute gibt es nur vereinzelt Esperanto-Kurse an deutschen Volkshoch-schulen, da sich zu solchen Kursen meist nur 3-5 Interessenten anmelden. Würde sich diese Zahl auf etwa 10 erhöhen, so könnten an zahlreichen Volkshochschulen Esperanto-Kurse stattfinden, und qualifizierte Esperanto-Lehrer, die bislang ihr Brot in anderen Berufen verdienen, könnten sich ganz dem Esperanto-Unterricht widmen. In Deutschland haben Kultusministerien gelegentlich erklärt, daß sie sich bei einem hinreichend starken Interesse von Seiten der Schüler und Eltern eventuell auch vorstellen könnten, Esperanto-Lehrer auszubilden, um dann die Sprache deutlich stärker als bisher an Schulen anbieten zu können.

Esperanto auf Bischofssynoden und ähnlichen Veranstaltungen als neues Latein zu verwenden, kann man nur langfristig ins Auge fassen, denn vielbeschäftigte Bischöfe und Kardinäle haben nur in seltenen Fällen Zeit und Lust, diese Sprache zu lernen. Doch gerade bei jungen Menschen kann Esperanto leicht auf fruchtbaren Boden fallen. In gewisser Hinsicht geschieht dies bereits heute, und im Verhältnis zu den Aufwendungen sind die Erfolge der Esperanto-Bewegung beachtlich. Man beachte beispielsweise, daß die katholischen Esperanto-Zeltlager in Sebranice keinerlei öffentliche Zuschüsse erhalten (sondern nur einige hundert DM an Spenden von IKUE-Mitgliedern), während beispielsweise in Deutschland Bund, Länder und Gemeinden alljährlich rund 10 Milliarden DM für den Englisch-Unterricht ausgeben.

Ein wichtiger Schritt zur Verbreitung des Esperanto unter jungen Christen war die Zulassung von Informationsständen der IKUE bzw. KELI auf den Katholiken- und Kirchentagen. Was in-zwischen bereits selbstverständlich ist, scheiterte viele Jahre lang aus verschiedenen Gründen (es hieß, Esperanto passe nicht in das Thema einer solchen Veranstaltung, und manchmal wurden auch Anmeldefristen verpaßt). Wenn man dort das rege Interesse junger Christen am Esperanto beobachtet, so stärkt dies die Hoffnung, daß Esperanto einen weiteren Auftrieb erleben wird.

In der Tat erscheinen einige der Interessenten später auf internationalen Esperanto-Treffen, wo sie eine gute und gleichberechtigte Verständigung erleben, die hoffentlich einmal für alle Menschen selbstverständliche Wirklichkeit wird.

Ein Zitat von Bischof Karel Otcenásek sei an den Schluß gestellt: "Eine der wichtigsten Früchte des zweiten Vatikanischen Konzils ist das neue Konzept der Evangelisierung - 'aggiornamento', der Dialog mit der Welt. Für diesen Dialog haben wir ein hervorragendes Werkzeug zur Verfügung, die Internationale Sprache, die niemanden bevorzugt und niemanden benachteiligt. Laßt uns dieses Werkzeug nutzen, um die Liebe Gottes unter den Menschen zu verwirklichen."


Anhang

A. Anmerkungen zu den Kapiteln

1. Die Schrift "Über das Latein als Kirchensprache" von Karl Rahner ist erschienen in: Zeitschrift für kath.Theologie, 84 (1962), S. 259-299

2. Die wichtigsten deutschsprachigen Werke zur Geschichte der Universalsprachen sind:

3. Detailliertere Informationen über die Entstehung und Geschichte des Esperanto finden sich in dem Buch "Die Gefährliche Sprache. Die Verfolgung der Esperantisten unter Hitler und Stalin" von Ulrich Lins (Bleicher Verlag, 1988). Außerdem wurde vor allem das "Originala Verkaro" von Ludwig Zamenhof (hrsg. von Johannes Dietterle, Hirt, Leipzig 1929) als Quelle benutzt. Zamenhofs Worte über die Herausgabe des ersten Lehrbuchs sind der "Enciklopedio de Esperanto", Budapest 1933, Reprint 1986, S. 580/581 entnommen. Zur Einstellung von Zamenhofs Frau zum Esperanto vgl. V.N. Devjatnin: Vizito che d-ro Zamenhof, LEA/G Magazino 1/93, S. 3. Die Worte von Theodor Fuchs über den ersten Esperanto-Weltkongreß finden sich in Marei Drassdo-Walcher: Die Kunstsprache als Hoffnungsbanner, Stuttgarter Nachrichten vom 7.3.1987.

4. Wichtigste Quelle zur Geschichte der IKUE ist die "Historio de Internacia Katolika Unuigho Esperantista (1903-1983)", erschienen in EK 7-12/1992, S. 114-163. Vgl. außerdem die Biographien "Pastro Emile Peltier (1870-1909)" und "Juan Font Giralt" von Lorenzo Rosati und Maria Cangiano Rosati in EK 1-5/94, S. 38-49.

Eine sehr detaillierte Geschichte der KELI von 1911 bis 1961 ist in Buchform erschienen (H.A. de Hoog: Nia historio. KELI, Amsterdam/Hardinxveld 1964). Die Anordnung von Martin Bormann ist reproduziert in dem Buch Ivo Lapenna u.a.: Esperanto en Perspektivo, London, Rotterdam 1974, S. 704.

Nähere Informationen über die Einstellung der katholischen Kirche zum Esperanto finden sich in der Dissertation des polnischen Paters Jerzy Korytkowski. Sie erschien 1976 in Rom unter dem Titel La Chiesa e il problema della lingua ausiliare internazionale und ist auch in einigen Übersetzungen erhältlich: Esperanto (Rom 1976), Französisch (Lille 1979) und Spanisch (Barcelona 1980). 1983 erschien in Warschau eine vollständig überarbeitete und aktualisierte polnische Version, die ebenfalls ins Esperanto übersetzt wurde (Warszawa 1986).

5. Zu der Umfrage unter den Mitgliedern des D.E.B. siehe Frank Stocker: Wer spricht Esperanto, München 1996. Die Namen der Teilnehmer des KET sind nicht geändert worden; die Erfahrungen von Jindra sind nach Dio Benu 4/94, S. 122 zitiert. Eine sehr detaillierte Beschreibung persönlicher Erfahrungen mit der internationalen Sprache findet sich in dem Buch Ulrich Matthias: Esperanto - das interkulturelle Erlebnis, Edingen-Neckarhausen 1991.

6. Zu der Diskussion über das Latein auf dem 2. Vatikanum siehe Georgo Korytkowski: Internacia lingva komunikado en la eklezio kaj nuntempa mondo, Warszawa 1986, S. 39-47. Zur Leichtigkeit des Esperanto und dessen Nutzen beim Erwerb weiterer Fremdsprachen vergleiche etwa Helmut Sonnabend: Lerneja eksperimento, Pisa 1979; Helmar Frank: Minimuma lerninvesto, Heroldo de Esperanto 50 (1974); ders.: Das Paderborner Experiment zum Sprachorientierungsunterricht, in den Materialien zur Konferenz "Das Kommunikations- und Sprachenproblem in der Europäischen Gemeinschaft" in Brüssel vom 29.09.1993. Die Worte von Leo Tolstoj erschienen 1994 in zwei Zeitungen in Odessa; sie sind zitiert nach Ulrich Lins: Die gefährlichen Sprache, Gerlingen 1988, S. 23. Das für den Völkerbund erstellte Gutachten ist erwähnt in Edmond Privat: Historio de Esperanto, Band II, Genf 1927, Reprint Den Haag 1982, S. 140. Zur Einstellung von Maximilian Kolbe zum Esperanto vgl. die bereits zitierten Bücher von Jerzy Korytkowski.

7. Die Worte von Bischof Otcenásek entstammen seiner Predigt im Rahmen einer Messe auf dem Esperanto-Weltkongreß 1996 in Prag. Sie sind zitiert nach Dio Benu 3/96, S. 55.

B. Abkürzungen

D.E.B Deutscher Esperanto-Bund

DEJ Deutsche Esperanto-Jugend

DR Dia Regno (Zeitschrift von KELI)

EK Espero Katolika (Zeitschrift von IKUE)

IKUE Internacia Katolika Unuigho Esperantista (Internationale Katholische Esperanto- Vereinigung)

IKUEJ IKUE-Junularo (Internationale Katholische Esperanto-Jugend)

JET Junulara Ekumena Esperanto-Tendaro (Ökumenisches Esperanto-Jugendzeltlager)

KELI Kristana Esperantista Ligo Internacia (Internationale Christliche Esperanto-Liga)

KET Katolika Esperanto-Tendaro (Katholisches Esperanto-Zeltlager)

TEJO Tutmonda Esperantista Junulara Organizo (Esperanto-Weltjugend)

UEA Universala Esperanto-Asocio (Esperanto-Weltbund)

UK Universala Kongreso de Esperanto (Esperanto-Weltkongreß)

C. Adressen

IKUE, Via di Porta Fabricca 15, I-00165 Roma RM, Italien, E-Mail <c.sarandrea@agora.stm.it>

KELI, Adolf Burkhardt, Gimpelweg 1, 73235 Weilheim an der Teck, <Adolf.Burkhardt@t-online.de>

Ökumenisches Esperanto-Forum, Bernhard Eichkorn, Romäusring 20, 78050 Villingen, E-Mail <b.eichkorn@t-online.de>

UEA/TEJO, Nieuwe Binnenweg 176, NL-3015 BJ Rotterdam, E-Mail <uea@inter.nl.net>

D.E.B., Immentalstr. 3, 79104 Freiburg, E-Mail <gea@esperanto.de>

DEJ, Grellstr. 36, 10409 Berlin, E-Mail <gej@esperanto.de>

D. Internet-Seiten IKUE-Seiten von Pfarrer Bernhard Eichkorn: http://home.t-online.de/home/st-fidelis/

Deutscher IKUE-Landesverband: http://home.t-online.de/home/ulrich.matthias/ikue.htm

Deutscher KELI-Landesverband: http://home.t-online.de/home/ulrich.matthias/keli.htm

Esperanto allgemein: http://www.esperanto.de
 

E. Zeittafel 1887 Am 26. Juli gibt Dr. Ludwig Zamenhof in Warschau das erste Esperanto-Lehrbuch heraus. 1902 Pfarrer Emile Peltier gründet die Vereinigung "Espero Katolika" und gibt ab dem folgenden Jahr eine Zeitschrift gleichen Namens heraus.

1905 Auf dem ersten Esperanto-Weltkongreß in Boulogne-sur-Mer findet die erste größere Versammlung katholischer Esperanto-Sprecher statt.

1910 Der erste Katholische Esperanto-Kongreß findet in Paris statt. Dort wird die Internationale Katholische Esperanto-Vereinigung IKUE gegründet.

1911 Protestantische Esperanto-Sprecher gründen in Antwerpen den Internationalen Christlichen Esperanto-Bund.

1926 Die britische Bibelgesellschaft gibt in London die vollständige Esperanto-Bibel heraus.

1945-89 Trotz großer Schwierigkeiten entfalten katholische Esperantisten auch in den osteuropäischen Ländern wieder zahlreiche Aktivitäten.

1968 In Limburg an der Lahn findet der erste Ökumenische Esperanto-Kongreß statt.

1977 Radio Vatikan beginnt mit der regelmäßigen Ausstrahlung von Sendungen in Esperanto (zunächst einmal, ab 1981 zweimal, seit 1998 dreimal wöchentlich).

In der Tschechoslowakei werden die Organisatoren eines Katholischen Esperanto-Zeltlagers verhaftet; unmittelbar darauf wird die tschechische IKUE-Sektion zwangsweise aufgelöst.

1990 Im November approbiert der Vatikan die Texte für die Feier der heiligen Messe in Esperanto.

1991 Auf dem Weltjugendtag in Czestochowa begrüßt Papst Johannes Paul II am 14. August die Teilnehmer auch auf Esperanto.

1991 Nach 14-jähriger Unterbrechung beginnt die tschechische IKUE-Sektion wieder, alljährlich ein katholisches Esperanto-Zeltlager zu organisieren.

Auf der Europa-Sondersynode im Vatikan setzt sich der rumänische Weihbischof György Jakubinyi, jetzt Erzbischof von Alba Iulia, Ende November offen für die Einführung des Esperanto als Kirchensprache ein.

1992 Per Dekret des Pontifikalrats für Laien vom 11. Februar wird die Internationale Esperanto-Vereinigung IKUE vom Vatikan offiziell als Gemeinschaft von Gläubigen anerkannt.

1994 Papst Johannes Paul II beginnt, bei seinen Oster- und Weihnachtssegen "urbi et orbi" seine Grüße stets auch auf Esperanto zu sprachen.

1995 In Rom erscheint das "Meßbuch und Lektionar für Sonn- und Feiertage" auf Esperanto.

1996 Auf dem Katholischen Esperanto-Zeltlager in Sebranice wird die IKUEJ, die Jugendorganisation der IKUE, gegründet.

1997 In Unterkirnach im Schwarzwald findet erstmals ein "Ökumenisches Esperanto-Jugendzeltlager" statt.

Im Rahmen einer Generalaudienz auf dem Petersplatz begrüßt Papst Johannes Paul II die Teilnehmer des 50. IKUE-Kongresses unmittelbar auf Esperanto.

1998 In Taizé finden im Rahmen des 2. Ökumenischen Esperanto-Jugendzeltlagers Diskussionen und Bibelgespräche auf Esperanto statt.
 

F. Der Aufbau des Esperanto

Die Aussprache

Das Esperanto-Alphabet hat 28 Buchstaben: a, b, c, ch = ^c, e, f, g, gh = ^g, h, hh = ^h, i, j, jh = ^j, k, l, m, n, o, p, r, s, sh = ^s, t, u, u = ~u, v, z.

Neben ^c, ^j usw. sind für die Buchstaben mit Überzeichen auch die Konventionen cx, jx usw. sowie ch, jh usw. gebräuchlich.

Man spricht:

c - wie "z" in "Zitrone"

s - scharfes "s" wie "ß" in "groß"

v - wie "w" in "warm"

z - weiches "S" in "Rose"

^c - wie "tsch" in "Tscheche"

^g- stimmhaftes "dsch" wie in "Dschungel"

^h - wie "ch" in "lachen"

^j - stimmhaftes "sch" wie in "Journalist"

^s - wie "sch" in "Schaf"

^u - kurz nachklingendes "u" wie in "Bau"

Die Betonung liegt immer auf der vorletzten Silbe.
 

Die Endungen

Die folgenden Endungen kennzeichnen eine Wortart:

-o Hauptwort (Substantiv)

-i Zeitwort (Verb)

-a Eigenschaftwort (Adjektiv)

-e Umstandswort (Adverb) sofern abgeleitet

Beispiel: telefono - Telefon, telefoni - telefonieren, telefona/telefone - telefonisch
 

An das -o und -a können noch angefügt werden:

-j Mehrzahl (Plural)

-n Wen-Fall (Akkusativ)
 

Genitiv und Dativ werden nicht mit Endungen, sondern mit den Präpositionen "de" und "al" ausgedrückt.
 

la ronda tablo der runde Tisch (Nominativ)

de la ronda tablo des runden Tisches (Genitiv)

al la ronda tablo dem runden Tisch (Dativ)

la rondan tablon den runden Tisch (Akkusativ)
 
 

In der Mehrzahl haben wir: la rondaj tabloj, ... la rondajn tablojn.
 

Der Artikel

Der bestimmte Artikel ist immer "la": Für den unbestimmten Artikel steht einfach nichts:

la domo - das Haus domo - ein Haus

la domoj - die Häuser domoj - Häuser
 

Die persönlichen Fürwörter

mi - ich
vi - du, Sie
li, shi, ghi - er, sie, es
ni - wir
vi - ihr
ili - sie

"li" und "shi" stehen nur für Personen; für Tiere, Sachen und abstrakte Begriffe verwendet man "ghi".

Anhängen von "-a" liefert die besitzanzeigenden Fürwörter: mia - mein, via - dein, usw.
 

Die Zeiten

Die sechs Zeitwort-Endungen lauten:

-as Gegenwart (Präsens)

-is Vergangenheit (Präteritum)

-os Zukunft (Futur)

-i Grundform (Infinitiv)

-u Befehlsform (Imperativ)

-us Möglichkeitsform (Konditional)
 

Die Endungen hängen nicht von der Person ab:

mi iras - ich gehe, vi iras - du gehst, usw.
 

Die Mittelwörter (Partizipien) haben folgende Endungen:
 

  Aktiv Passiv
Gegenwart -ant -at
Vergangenheit -int -it
Zukunft -ont -ot

Beispiele: lernanto - ein Lernender, Schüler

La libro estas legata. - Das Buch wird gelesen.
 

Die Zahlwörter

Grundzahlen:

1 unu
2 du
3 tri
4 kvar
5 kvin
6 ses
7 sep
8 ok
9 nau
10 dek
11 dek unu
12 dek du
13 dek tri
usw.
2347 dumil tricent kvardek sep

Ordungszahlen:

1. la unua
2. la dua
3. la tria
usw.
11. la dek unua

Zahlumstandswörter:

unue - erstens
due - zweitens
usw.
 

Die Steigerung

Wir steigern Adjektive und Adverbien mit "pli" und "plej":

granda - groß

pli granda ol - größer als

plej granda - am größten
 

Das Fragepartikel "chu"

Ja-Nein-Fragen werden im Esperanto stets mit 'chu' eingeleitet:

Chu vi loghas en Frankfurto? - Wohnst du in Frankfurt? (jes = ja, ne = nein)
 

Die Apostrophierung

Das "o" des Hauptworts und das "a" des Artikels "la" können durch einen Apostroph ersetzt werden. Diese Freiheit erleichtert es, Gedichte und Lieder unter Beibehaltung von Silbenzahl und Rhythmus ins Esperanto zu übersetzen.

Beispiel: Granda Di', ni laudas vin. - Großer Gott, wir loben Dich.
 

Die Wortbildung

Es gibt im Esperanto ein System von rund 40 Vor- und Nachsilben, mit denen man aus einem Wortstamm zahlreiche Wörter ableiten kann, so daß man sie nicht extra lernen muß. Hier einige Beispiele.

Vorsilben (Präfixe)

mal- Gegenteil, un-: bona - gut, malbona - schlecht

re- wieder-, zurück-: vidi - sehen, revidi - wiedersehen
 

Nachsilben (Suffixe)

-ar Ansammlung: arbo - Baum, arbaro - Wald

-eg Vergrößerung, Verstärkung: varma - warm, varmega - heiß

-ej Ort: lerni - lernen, lernejo - Schule

-et Verkleinerung, Abschwächung: domo - Haus, dometo - Häuschen

-il Werkzeug, Mittel, Gerät: razi - rasieren, razilo - Rasierapparat

-in weiblich: studento - Student, studentino - Studentin

-ul Person: juna - jung, junulo - Jugendlicher
 

F. Gebete und Lieder

Vater unser

Patro nia, kiu estas en la chielo, sanktigata estu via nomo. Venu via regno, farighu via volo, kiel en la chielo, tiel ankau sur la tero. Nian panon chiutagan donu al ni hodiau, kaj pardonu al ni niajn shuldojn, kiel ankau ni pardonas al niaj shuldantoj. Kaj ne konduku nin en tenton, sed liberigu nin de la malbono. Char via estas la regno kaj la potenco kaj la gloro eterne. Amen.

Ave Maria

Saluton Maria, gracoplena, la Sinjoro estas kun vi. Benata vi estas inter la virinoj, kaj benata estas la frukto de via sino, Jesuo. Sankta Maria, Dipatrino, preghu por ni pekuloj, nun kaj en la horo de nia morto. Amen

Von guten Mächten wunderbar geborgen

Sub shirm' mirinda de potencoj bonaj
estonton kun trankvil' atendas ni.
Apudas Di' vespere kaj matene,
kaj chiun novan tagon sendas Li.

Se temp' antaua plu turmenton donas,
se tag' malbona premas per angor',
la savon donu, kiun vi proponas,
ho Di', por nia terurita kor'.

Kaj se kalikon donas vi amaran,
sufero-plenan, pezan ghis ekstrem',
ni prenas ghin el Via man' amata
dankeme, fidoplene kaj sen trem'.

Se tamen Vi ankorau donos ghojon
pri tiu mond' kaj ghia brila sun',
ni rememoras la iritan vojon;
nur via estu nia vivo nun.

Dum chiu tera bruo ighas febla
por ni lautigu tiu plen-sonor'
el via vasta mondo nevidebla,
akordoj ravaj de l' eterna hhor'.

Dietrich Bonhoeffer (1944/45); übersetzt von Adolf Burkhardt (1977)


Das Buch

Die internationale Sprache Esperanto erfreut sich unter Christen wachsender Beliebtheit. In jüngster Zeit haben ihre Sprecher auch zahlreiche Ermutigungen aus dem Vatikan bekommen. Das Buch macht eine Fülle von Informationen über die Geschichte und Gegenwart der christlichen Esperanto-Bewegung erstmals in deutscher Sprache zugänglich. Es erzählt von der erfolgreichen Anwendung des "neuen Kirchenlateins" in der Verständigung und Annäherung zwischen Christen aus aller Welt und weist darauf hin, welchen Dienst eine neutrale, leicht erlernbare Sprache der Kirche leisten kann.

Der Autor

Ulrich Matthias, geboren 1966 in Bad Pyrmont, studierte Mathematik in Heidelberg, wo er 1994 promovierte. Nach einem Forschungsaufenthalt als EU-Stipendiat an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in Budapest trat er 1996 als Versicherungsmathematiker in den Dienst eines Wiesbadener Beratungsunternehmens. Esperanto lernte er 1986; er hat seitdem an zahlreichen katholischen und ökumenischen Esperanto-Veranstaltungen teilgenommen. Seit 1992 ist er Pressesprecher des Deutschen Landesverbandes der Internationalen Katholischen Esperanto-Vereinigung.



Zum Inhaltsverzeichnis

Zur Homepage des Deutschen Landesverbandes
der Internationalen Katholischen Esperanto-Vereinigung:
http://www.u-matthias.de/verein/ikue.htm